Aufstand oder Aussterben

Grafik: XR

Weltweit sorgen sich Menschen um das Erdklima und die Folgen der raschen Erwärmung. Aktivist*innen schlagen mit unterschiedlichen Methoden Alarm. Aus England berichtet Paul Davies für CONTRASTE über Klima-Proteste in London, Norwich und weiteren britischen Städten und deren Zusammenhang mit Protestkulturen insgesamt.

PAUL DAVIES, NORWICH

Die »Extinction Rebellion« (»XR«) ist eine gewaltfreie ökologische Aktionsgruppe, die sich zuerst in London und danach in 35 Ländern weltweit gegen die Klima-Katastrophe gebildet hat. Sie wurde im Oktober 2018 gegründet und hat vor allem im November vergangenen Jahres durch die Groß- Blockade der fünf wichtigsten Themse-Brücken Aufsehen erregt. 6.000 Menschen haben daran teilgenommen. Dadurch wurden zentrale Teile der britischen Hauptstadt lahmgelegt. 85 Personen wurden deswegen festgenommen. Weitere Straßenblockaden folgten in Middlesbrough und Oxford, ohne dass Teilnehmende verhaftet wurden. XR agiert unabhängig von etablierten Öko-Gruppen wie »Greenpeace« (es wird eher als Unternehmen denn als Bewegung betrachtet) oder »Friends of the Earth«. Ziel von XR ist es, auf den Klimawandel und die damit drohende Ausrottung von Lebewesen und Zerstörung der Umwelt aufmerksam zu machen.

Im Februar hat XR den Rathaussaal in der Grafschaft Norfolk besetzt, um zu verhindern, dass dort die Verlängerung einer Biotop-zerstörenden Umgehungsstraße entschieden wird.

XR fordert Städte und Bezirke auf, den Klima-Notstand auszurufen. Tatsächlich haben bis jetzt (Stand März 2019) bereits 22 britische Bezirke einen Klima-Notstand erklärt und streben bis 2030 ihre CO2-Neutralität an.

Die XR-Gruppen – national wie lokal – sind in den Social Media sehr präsent. Auch die »Peace News«, ein angesehenes, seit langem etabliertes Magazin, das für gewaltfreien Wandel eintritt, berichtet regelmäßig über deren Aktionen. Allerdings kritisiert Letzteres an XR, es sei schwierig, Kampagnen mit einer so großen Bandbreite wie der von XR zu führen. Ohne klaren Fokus tendiere sie dazu, eher diffuse Botschaften auszusenden.

Moderater und eher lokal verankert ist die Gruppe CHAIN (Climate Hope and Action in Norwich). Sie lenkt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Klimawandel in und um die Stadt selbst. Diese Gruppierung hat zahlreiche Veranstaltungen organisiert und sich vor kurzem den monatlichen Mahnwachen der Friedensbewegung Norwich angeschlossen, um den Klima-Frieden zu deklarieren.

Die aktuell erfolgreichsten Klima-Aktivist*innen sind augenscheinlich nicht mehr die üblichen gealterten Radikalen, sondern Jugendliche, die ihre Sorge darüber zum Ausdruck bringen, wie die alteingesessenen politischen Parteien dabei versagen, ihre und die Zukunft der Natur zu bewahren. Sie folgen dem einzigartigen Protest der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg genauso wie deutsche Schüler*innen unter dem Motto »Fridays for Future«. XR, sowie die Schulstreik-Kampagne treten in die Fußstapfen jahrzehntelangen Protests und stehen zugleich auch in der Tradition der Gegenkulturen der Beatniks und Hippies der 50er bis 70er Jahre, sowie der späteren britischen Friedensbewegung und der Anti-Atom-Proteste der Jahre 1970 bis 1990.

XR in Deutschland

Seit dem Abzug der US-Atombasen in Greenham und Molesworth und dem Aufstieg der Social Media hat die Kampagne gegen den Waffenhandel »CAAT« den Fokus der Proteste vermehrt auf die Wurzeln der Konflikte gelenkt und die Geschäfts(un)moral, sowie den Militarismus allgemein in den Blickpunkt gerückt.

Nicht übersehen werden sollte aber auch die positive Rolle, die Britanniens nationale Medien, insbesondere der »Guardian« und die »Times« spielen, indem sie unter anderem das Artensterben zum Thema machen, ebenso wie die weitere wissenschaftliche Erkenntnisse und auch die Aktivitäten der Extinction Rebellion.

Extinction Rebellion hat mittlerweile auch mehr als 20 Ortsgruppen in Deutschland. Zu Beginn einer Internationalen Aktionswoche der XR haben etwa 300 Menschen am 15. April mit einer Blockade der Oberbaumbrücke in Berlin für einige Stunden für bessere Luft gesorgt. »Unsere Regierung verharrt in empörender Untätigkeit und versagt in ihrer Aufgabe, uns vor der Klimakatastrophe zu schützen«, erklärte Hannah Elsholst von XR Deutschland. »Viele von uns sind deshalb bereit, persönliche Opfer zu bringen und Verhaftungen zu riskieren. Dieser bewusste Regelbruch bleibt unsere letzte Möglichkeit, nicht länger ignoriert zu werden.«

Links:

www.extinctionrebellion.de

www.rebellion.earth

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