Geflüchtete mit Mate unterstützen

Nach einigen anderen Projekten, die sich schon mit Getränken und sozialem Engagement beschäftigen, ist seit Sommer letzten Jahres ein neues Produkt auf dem Markt. Durch die Etiketten und den Verkauf der Solimate wollten die Gründerinnen und Gründer der Marke Solidrinks Aufmerksamkeit auf Geflüchteteninitiativen lenken und sie per Solispende unterstützen.

Anne-Sophie Rebner, ImWandel

Es ist Montagmorgen. Du gehst auf dem Weg zur Arbeit noch beim Späti oder Kiosk vorbei, weil dein Schlafrhythmus sich noch nicht recht an Wochentage gewöhnt hat. Neben den vielen Mategetränken, die in den letzten Jahren den Markt als Wachmacher gestürmt haben, steht seit Mitte 2016 noch eine neue Marke im Regal: die »Solimate von Solidrinks«. Dieses Erfrischungsgrtränk unterscheidet sich nicht nur durch den Geschmack. Auf dem Etikett ist gleich zu erkennen, was Solidrinks als Getränkefirma besonders macht. Die Kaufenden unterstützen mit jeder Flasche soziale Initiativen für oder von Geflüchteten.

5 Cent pro Flasche gehen momentan an vier Projekte. Die Women in Exile e.V. helfen Frauen, die eine Flucht hinter sich haben, ihre Stimme zu finden und bieten Workshops an. Die Organisation Bag Mohajer - Bag for Good arbeitet mit vor allem minderjährigen Geflüchteten zwischen Griechenland und Berlin und stellt Taschen und Rucksäcke aus Schlauchbooten und Schwimmwesten her. KUB e.V., die Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant*innen, macht schon seit 20 Jahre Beratung für Menschen mit Fluchthintergrund und die Champions ohne Grenzen spielen Fußball für mehr Integration. Vor allem will Solidrinks selbstorganisierte Initiativen unterstützen, oft sind Geflüchtete auch an der Organisation beteiligt.

Ein weiterer tragender Teil des Solidrink-Projektes ist die »Etikettierungskampagne«, wie Frauke aus dem Team sie nennt. Etikettierungskampagne, das heißt Botschaften auf Etiketten. Auf den Flaschen steht etwa: »Raise your voice for women‘s rights« oder »Kick out Racism!«. Mit jedem der Projekte haben Solidrinks einen eigenen Soli-Shout entwickelt, also Ausrufe gegen Rassismus, für Solidarität.

Auch die Organisation von Solidrinks ist solidarisch aufgebaut. Die Mitarbeiter teilen sich jeweils einen Arbeitsplatz mit einem Geflüchteten, der gerade in Deutschland angekommen ist. Sie geben Wissen weiter und führen ihn in die Arbeit ein. Diese Tandem-Jobs funktionieren schon gut und werden mit 15 Cent pro Flasche unterstützt. Die beiden Soli-Beträge, 5 plus 15, stehen von Beginn an fest, hängen also nicht von den Gewinnen ab. Sobald Solidrinks zusätzlichen Gewinne erzielt, werden sie allerdings auch in Flüchtlingsprojekte gesteckt.

Solidrinks entstand, als Roberta einen Mitbewohner bekam, der nach Deutschland geflohen war. Sie bemerkte, wie schwierig die Bürokratie und das Ankommen in diesem durchorganisierten Land ist. Roberta schloss sich mit Patrick zusammen und gemeinsam begannen sie die Suche nach dem Alltagsgegenstand, der leicht in großer Zahl verkauft wird und irgendwie öffentlich ist. Das Ziel war einfach: solchen Initiativen finanzielle Hilfe leisten, die sich schon seit vielen Jahren um die Belange von Geflüchteten kümmern und sie sichtbarer machen. Getränke werden in sozialen Situationen getrunken und haben auf den Etiketten Platz für die Informationen. Mate ist lecker und passt in Büros genau so wie in Cafés, Bars und Clubs. Mittlerweile besteht das Kernteam aus sechs Personen, darunter zwei Tandems.

Und was für ein Produkt bekommt der morgendliche Käufer am Späti für sein Geld? Vollständig können die Solimate-Produzenten noch nicht auf Bio und Fair umstellen. Teilweise beziehen sie die Rohstoffe aber von biologischen Plantagen und durch fairen Handel und sie füllen regional ab. Mit einem Koffeingehalt von 25 Milligramm pro 100 Milliliter liegt die Solimate etwas über dem Durchschnitt. Ein bisschen weniger süß soll sie auch sein, die Initiatoren legen eher wert auf den Geschmack der Mate.

Seit 2016 gibt es Solidrinks erst, aber schon an über 100 Stellen in ganz Deutschland ist die Mate zu bekommen, sogar nach Göteborg hat sie es geschafft. Die meisten Verkaufsstellen liegen aber immer noch in Berlin. Getränkehändler und -märkte, Cafés, Clubs und Bars, Projekte und Spätis kaufen seit einem Jahr etwa 7.000 Flaschen im Monat.

Das könnte auch noch das Zehnfache sein, meinen die Gründer. »Langfristig soll das Projekt sich selber tragen, über den Verkauf wie bei jedem anderen, sozusagen normalen, Getränkeunternehmen. Aber im Moment überlegen wir auch über andere Kanäle Geld zu akquirieren«, sagt Roberta. Noch bis zum 2. Mai läuft eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext. »Da werden wir vor allem versuchen, Geld für diese Tandem-Stellen, für ein halbes oder ganzes Jahr, und für die Produktion zu bekommen.« Denn vor allem für die Tandems ist Extrageld nötig und in der Produktion muss Solidrinks viel vorstrecken. Für jede neue Ladung Mate brauchen sie Geldrücklagen, die es bisher noch nicht gibt. In der Kampagne werden sie jetzt unterstützt vom Deutschen Integrationspreis und für das Pitch-Video hat sich Filmemacher Benjamin Kahlmeyer gefunden. Dass das Konzept des solidarischen Erfrischungsgetränks funktionieren kann, beweisen Quartiermeister mit ihrem Bier schon seit 2010. Sie konzentrieren sich mit ihrer Unterstützung auf Kiezprojekte und haben schon Ableger in Leipzig, Dresden und München.

Im Sommer kommen noch sechs weitere Initiativen dazu, die von Solidrinks unterstützt werden. Es bleibt also spannend. Und wenn man sich ein bisschen auf der Internetseite herumtreibt, blitzt da ein kleines Feldchen auf. Die Solicola ist anscheinend schon in Arbeit.

Mehr Infos unter: http://solidrinks.de/

Solidrinks unterstützen: www.startnext.com/solidrinks

Video Interview: http://berlin.imwandel.net/contraste392-solidrinks


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