Können Genossenschaften und Projektierer gemeinsam die Bürgerenergiewende vorantreiben?

Energiewende in Bürgerhand - auf dieses Ziel haben Energiegenossenschaften in den letzten Jahrzehnten engagiert und erfolgreich hingearbeitet. Insgesamt installierten Energiegenossenschaften laut dem Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband bislang 1,67 Mrd. Euro in bürgereigene Kraftwerke mit einer Leistung von über 900 Megawatt. So ist es ihr Verdienst, dass sich die großen Energiekonzerne mittlerweile zum Umdenken gezwungen sehen. Aber warum stockt die genossenschaftliche Energiewende und wie kann man ihr wieder zu mehr Elan verhelfen?

Stefanie Janssen / Jonas Bergmiller, Redaktion Genossenschaften

Durch die Absenkung der Vergütungssätze für Sonnenstrom im Jahr 2012 sind Photovoltaikanlagen – gewissermaßen das Kerngeschäft vieler Genossenschaften – nur noch eingeschränkt wirtschaftlich zu betreiben. Stattdessen hat der Ausbau der Windenergie an Fahrt aufgenommen. Der Einstieg in die Windenergie fällt vielen Genossenschaften jedoch schwer. Die Projektentwicklung erweist sich als erheblich aufwändiger und die nötigen Investitionen sind um ein Vielfaches höher als bei PV-Projekten. Genossenschaften müssten viel Zeit und bis zu sechsstellige Beträge allein in die Projektentwicklung investieren – ohne Gewähr, dass die geplanten Windräder genehmigt werden.

Chancen durch Kooperation

Damit stehen die Risiken und Investitionen zumeist in keinem angemessenen Verhältnis zum Kapital und den Kapazitäten einer meist ehrenamtlich geführten Bürgerenergiegenossenschaft. Kooperationen mit geeigneten Partnern einzugehen, ohne den Anspruch an ein Bürgerenergie-Projekt aufzugeben, können hier helfen. Als möglicher Partner für Energiegenossenschaften bietet sich unter anderem die Green City Energy AG aus München an. Das Unternehmen ist Tochter der gemeinnützigen Umweltschutz-Organisation Green City e.V. und damit selbst in der Bürgerbewegung verwurzelt. Mit den Energiegenossenschaften teilt die Green City Energy eine Reihe von Werten und Zielen:

die Überzeugung, dass der Klimaschutz die größte und dringendste Herausforderung unserer Zeit ist;

die Vision einer dezentralen und demokratischen Energieversorgung;

den tatkräftigen Beitrag zur Energiewende durch den Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen;

den hohen Stellenwert von lokaler Akzeptanz und regionaler Wertschöpfung.

Green City Energy hat seit 2005 über 300 Erneuerbare-Energie-Projekte realisiert mit einem Investitionsvolumen von über 400 Mio. Euro. Darunter befinden sich über 40 Windenergieanlagen. Gleichwohl ist nicht die Gewinnmaximierung das oberste Ziel der Münchner Firma, sondern der vom Mutterverein gegebene Handlungsauftrag: »100 Prozent Erneuerbare Energien in Bürgerhand!« Gute Voraussetzungen also für eine Kooperation mit Energiegenossenschaften, die zu beachtlichen Synergieeffekten führen kann. Zwei Beispiele:

Genossenschaft sucht Projektierer

Die Initiative für den Bürgerwindpark Südliche Ortenau im mittleren Schwarzwald ging von der dortigen lokalen Genossenschaft aus. Die Ettenheimer Bürgerenergie eG sowie die Bürgermeister der drei Standort-Gemeinden suchten ein Modell, das ihnen die Beteiligung an dem gemeinsam anvisierten Windpark ermöglicht. Nach einem ausgiebigen Auswahlverfahren entschieden sie sich für eine Kooperation mit der Green City Energy. Das gemeinsam entwickelte Beteiligungsmodell beruht auf dem Kerngedanken, dass die Gemeinden und die lokale Energiegenossenschaft die Chance auf einen substanziellen Eigentumsanteil am Windpark haben sollten, ohne Investitionen und Risiken im selben Umfang tragen zu müssen. So übernahm Green City Energy die Kosten und Risiken der Entwicklungs- und Bauphase.

Die Inbetriebnahme erfolgte im Juni 2016. Genossenschaft und Kommunen erhielten die Option, gemeinsam bis zu 51 Prozent am Windpark zu erwerben – zum Nominalkapital der Betreibergesellschaft. Das erforderliche Eigenkapital von rund 10 Mio. Euro wurde als Gesellschafterdarlehen von einer Tochtergesellschaft der Green City Energy AG eingelegt. Ende 2016 konnte die Ettenheimer Bürgerenergie eG 25,5 Prozent des Windparks mit sieben Anlagen erwerben. Die Trennung von Finanzierung und Eigentum verhilft lokalen Akteuren bei vergleichsweise geringer Investition zu Eigentums- und Mitspracherechten an ihrem Windpark vor Ort.

Projektierer sucht Genossenschaft

Ein weiteres Windprojekt in Baden-Württemberg hat die Green City Energy AG kurz vor Baubeginn erworben. Ziel ist, den Windpark mit zwei Anlagen gemeinsam mit einer kleinen Gruppe regionaler Energiegenossenschaften zu betreiben. Hier geht also die Initiative vom Projektierer aus. Für diesen Zweck wird eine Beteiligungskonstruktion entwickelt, die auf die Bedürfnisse von Energie-Genossenschaften zugeschnitten ist. Den Anforderungen des Genossenschaftsgesetzes gilt es hierbei ebenso Rechnung zu tragen, wie speziellen Aspekten des Steuer- und Handelsrechts.

An der genauen Ausgestaltung wird derzeit im Austausch mit Genossenschaftsvertretern sowie dem Genossenschaftsverband gefeilt. Schon jetzt steht fest, dass das Angebot auf großes Interesse bei diversen Genossenschaften aus der Region stößt. Die Inbetriebnahme des Windparks sowie der Beitritt der Genossenschaften sind für Mitte 2017 geplant. Beide Beispiele zeigen, wie Genossenschaften und Projektentwickler auch unter erschwerten Rahmenbedingungen das gemeinsame Ziel einer Energiewende in Bürgerhand vorantreiben können.

Weitere Informationen: www.greencity-energy.de

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