Drohendes Monopol der Agrarindustrie

Peter Streiff, Redaktion Stuttgart

Laut Toni Michelmann von der CGB-Geschäftsstelle erreicht mit der angekündigten Übernahme von Monsanto durch BAYER »die Konzentration auf dem Agro-Markt einen neuen Höhepunkt.« Schlüsselelemente der Nahrungsmittelkette würden damit in der Hand eines Konzerns liegen. Konkret würde die Fusion laut CBG bedeuten: »Bei den Pestiziden erreichen BAYER und Monsanto zusammen einen Marktanteil von rund 25 Prozent, beim Saatgut für gentechnisch veränderte und konventionelle Ackerfrüchte einen von rund 30 Prozent. Allein die Gen-Pflanzen betrachtet, erreichen die beiden Gesellschaften vereint mit weit über 90 Prozent sogar eine klare Monopol-Stellung.«

Widerstand organisiert sich

Es sei empörend, dass die Übernahme entgegen aller Verbraucherinteressen nun in trockenen Tüchern scheint. CBG, Campact und verschiedene BäuerInnen-, VerbraucherInnen- und Umweltschutz­organisationen rufen daher zum siebten Mal zur »Wir haben es satt!«-Demo am 21. Januar auf (vgl. Kasten).

»Noch ist Baysanto zu verhindern«, ist der Kanadier Pat Mooney überzeugt. Er ist Träger des alternativen Nobelpreises und kämpft trotz schwerer Augenkrankheit seit den 70er-Jahren für die Freiheit des Saatguts. Im Interview mit dem Journalisten Benedikt Härlin für den Informationsdienst Gentechnik sagte Mooney im November: »Noch sind die Riesenzusammenschlüsse nicht in trockenen Tüchern. Es lohne sich, sie zu bekämpfen und Regierungen in aller Welt klar zu machen, dass solche Riesen Saatgut und Lebensmittel teurer machen, die Landwirte gegen sie aufbringen und den Aufbau oder die Erhaltung einer eigenständigen nationalen Industrie verhindern.«

Mooneys Hoffnung liegt dabei vor allem bei den Regierungen der vier Länder Argentinien, Brasilien, Indien und China, die rund 33 Prozent des weltweiten Pestizidmarktes ausmachen. »Wenn zwei dieser Länder oder andere Kombinationen von Ländern, die einen signifikanten Teil des Marktes ausmachen, ‚nein‘ sagen, dann gibt es keinen Profit für die Anteilseigner«, ist Pat Mooney überzeugt.

Hoffnung auf Wandel von unten

Für Mooney und seine MitstreiterInnen liege der Schlüssel für die Ernährung der Weltbevölkerung in der bäuerlichen Landwirtschaft, wofür er zwei Begründungen anführt: Zum einen sei das industrielle System schlicht nicht in der Lage, sich auch nur an die wichtigsten Änderungen – beispielsweise des Klimas – anzupassen. Zudem sei es »schrecklich ineffizient«, denn für jeden Euro, den die VerbraucherInnen in Industrieländern für Produkte der Lebensmittelindustrie ausgeben, »müssen sie mehr als zwei Euro ausgeben, um die Gesundheits- und Umweltschäden derselben Lebensmittelindustriemaschinerie abzudecken«. Das sei so, weil es 40 Prozent des Essens gar nicht auf unsere Tische schaffen und weitere 25 Prozent, die es auf den Tisch geschafft haben, am Ende weggeworfen werden.

Dagegen sei es inzwischen nachgewiesen, dass Kleinbäuerinnen und Kleinbauern tatsächlich mit etwa 70 Prozent die meisten Lebensmittel der Weltbevölkerung produzieren, erläutert Mooney weiter: »Die bäuerliche Landwirtschaft ist das bessere System für unsere Lebensmittelerzeugung, weil es am flexibelsten reagieren kann, die meiste Vielfalt beinhaltet und sich am schnellsten an sich ändernde äußere Bedingungen anpassen kann.«

Reise ins Herz der Konflikte

Doch diese traditionelle und dennoch flexible Form der Herstellung von Lebensmitteln ist bedroht, wie beispielsweise ein aktueller Dokumentarfilm aus Brasilien zeigt: »Agrokalypse – der Tag, an dem das Gen-Soja kam« erzählt die Geschichte einer Reise »ins Herz der Konflikte zwischen Menschen und Milliardengewinnen« und verfolgt den Weg der brasilianischen Sojabohne bis zu ihrem Ende als Tierfutter. In sehr persönlichen Porträts wird gezeigt, wie dabei die UreinwohnerInnen Brasiliens von ihrem Land vertrieben werden, damit es immer mehr industrielle Anbauflächen gibt. Bis zu zwölf Kilogramm Soja oder Getreide muss man verfüttern, um daraus ein Kilogramm Fleisch zu gewinnen. Gleichzeitig begleitet die Kamera den Tofuhersteller Wolfgang Heck, der seit über 25 Jahren für den ökologischen Sojaanbau kämpft und für den es immer schwieriger wird, in Brasilien nachhaltig mit KleinbäuerInnen zusammenzuarbeiten. Ein beeindruckender Film, der auch aufzeigt, wie es anders gehen könnte.

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