Museum des Scheiterns auf dem Markt der Möglichkeiten

Vom 13. bis 23. Oktober fand das Trotzdem! - Festival in Halle statt. Wichtiger Veranstaltungsort war das Café Feez. Das Orga-Team bezeichnet sich selbst als bunten Haufen Menschen aus unterschiedlichen Kontexten. Ihr Ziel ist: Alternative hallesche Initiativen vernetzen, feiern und für die Öffentlichkeit erfahrbar machen.

Solveig Feldmeier, Halle

Im Vernetzungscafé Feez in Halle herrscht reges Treiben. An die fünfzehn Initiativen und Einzelpersonen stellen sich und ihre Anliegen auf dem Markt der Möglichkeiten vor. Darunter die Initiatorinnen für eine zu entwickelnde Solidarische Landwirtschaft. Sie haben sich Unterstützung aus der Nachbarstadt Leipzig geholt, wo es schon mehrere funktionierende Projekte dieser Art gibt. No Lager schenkt den ersten Glühwein der Saison aus, eine Studierenden-Initiative, die sich für Neue Ökonomien stark macht, bietet frisch gebackene Waffeln an. Solidaridad e.V. lädt zum Siebdruck ein: revolutionäre latein-amerikanische Motive auf Tragetaschen.

Eine junge Frau (verletzlich und undogmatisch) mit verschiedenen Gemeinschaftserfahrungen sucht neue Mitbewohnerinnen. Und an exponierter Stelle nahe dem Eingang flackern fünf symbolische (Toten-) Teelichtlein auf Barhockern. Daneben finden sich einige Reliquien. Das ist das Museum des Scheiterns. Was zu Grabe getragen wurde, sind enthusiastische Ideen und tolle Projekte, in die viel Energie und Herzblut von mehr oder weniger vielen Menschen geflossen ist. Projekte, die nie aus den Kinderschuhen herausgekommen sind und Projekte, die funktioniert haben und dennoch eingehen mussten.

Ein Abenteuerspielplatz für benachteiligte Kinder im Neubaustadtteil Silberhöhe. Ein Traum vom gemeinschaftlichem Wohnen, genannt Wohnvision. Eine K-Gruppe (Gewaltfreie Kommunikation war ihr Thema.), ein Geldschein – zwei Urstromtaler. Und das Café Feez selbst. Als ständiger Vernetzungsort für die überschaubare alternative Szene in Halle ist es nach einem Jahr finanziell nicht mehr zu tragen. Für das Trotzdem!-Festival wurde es noch einmal mit Kurzzeitvertrag angemietet.

Heute ist der vorletzte Tag der Aktions- und Bildungs- und Festwoche. Die Stimmung ist fantastisch. Sie befindet sich auf dem Höhepunkt. Während des Festivals gab es wunderbare Gelegenheiten, theoretischen und praktischen Einblick in die Welt der gelebten solidarischen Alternativen jenseits von Konkurrenzkampf und Wachstumslogik zu erlangen. Projekt A im Kino, Dialog unter freiem Himmel auf dem Halleschen Marktplatz zu der Frage: Was bedeutet für dich das gute Leben?, Vortrag über Solidarische Ökonomien, eine Radtour durch die Stadtgärten, Oya – Schreibworkshop, Theater und vieles mehr. Das sieht nicht nach Scheitern aus, auch wenn sich die Organisatorinnen noch mehr Beteiligung gewünscht hätten.

Bei realistischer Betrachtung wird deutlich, dass auch das Fehlschlagen von Vorhaben seinen tieferen Sinn hat. Ehemalige Mitglieder der K-Gruppe veranstalten Dialoge im öffentlichen Raum, frühere Mitglieder der Wohnvision treffen sich jetzt unter dem Slogan Go and Change und das Projektbüro nebenan wird nicht schließen. Trotzdem!-Leute können sich dort weiterhin treffen und für das richtig gute Leben zusammenarbeiten. Für Selbstbestimmung in einer gerechten solidarischen Welt.

Mailingliste

Einfach hier eintragen:
lists.contraste.org/sympa/info/contraste-liste

Die Umgangsfomen zwischen den NutzerInnen dieser Liste haben wir in einer Netiquette festgelegt.


Schnupperabo

CONTRASTE kann einmalig zum Sonderpreis von 9 € drei Monate lang "beschnuppert" werden. Dieses Schnupperabo endet automatisch und muss nicht gekündigt werden. Hier bestellen ...


Lest Contraste

CONTRASTE kostet im Abo 45 Euro (europ. Ausland 51). Oder Ihr könnt Fördermitglied werden: Mindestbeitrag 70 Euro. Hier abonnieren oder beitreten.


Lexikon der Anarchie

Was bedeutet eigentlich Selbstverwaltung?
Hier könnt ihr es nachlesen.