DER POLITISCHE KRIMI

Gesellschaftskritik im Literaturformat
Eine Contrasteserie von Roman Schweidlenka

Du sollst den Schergen einer Diktatur Bänder mit zehntausenden Adressen Oppositioneller übergeben, um deine Freundin, die in einem Keller gefoltert wird, zu retten. Damit stürzt du unzählige Menschen in die Folterkammern. Wie handelst du? Diese Frage stellt Sascha Reh am Ende seines Politthrillers und lässt den Leser unwillkürlich die Härte der chilenischen Diktatur unter Pinochet spüren. Politthriller? Ja, wenngleich ganz nahe an der Realität der frühen siebziger Jahre pulsierend. Lediglich die handelnden Personen sind frei erfunden. In der BRD Polizeiwillkür gegen Anti-Vietnamkriegsdemonstranten. Der Sieg des Sozialisten Allende setzte einen politischen Hoffnungsfunken frei, der damals die gesamte Linke erfüllte. Das Buch vermittelt die Entwicklungen von Allendes Regierung, die mit Hilfe sich selbst verwaltender Arbeiter und Komitees dem Terror von rechts trotzte. In dem dynamischen, explosiven sozialen Gebräu Chiles wirkten auch die berüchtigten Chicago Boys, Schüler des unseligen neoliberalen Gurus Friedman, der massiven Anteil am Wirken des Pinochetregimes hatte, unter dem Chile zum ersten Experimentierland des Neoliberalismus wurde, dessen destruktiven Atem wir heute überall spüren. Doch die geistigen Brandstifter bleiben wie auch nach 1945 (vielfach) ungestraft, Friedman tourt bis heute gefeiert durch konservative Händeschüttel-Exzesse. Die Handlung ist rund um ein technologisches Projekt aufgebaut, das helfen sollte, die Wirtschaft Chiles anzukurbeln und die gerechte Verteilung der Güter sicherzustellen. Für Technologiefreaks mögen die langatmigen Ausführungen dazu von Interesse sein, sie sind sicher nicht spannend für Jede/n. Dessen ungeachtet schafft es der Autor, die Ereignisse rund um Allende und Pinochet lebendig werden zu lassen und den politischen Geist der siebziger Jahre aus der Versenkung zu holen. Dieser leider nur allzu faktengetreue Politthriller fördert unwillkürlich die Hoffnung, dass uns in (ferner?) Zukunft keine faschistische Diktatur eines Morgens aus den Betten reißt.

Sascha Reh: Gegen die Zeit. Verlag Schöffling & Co.

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