Kommune treffen, finden, gründen

Das Rad muss nicht neu erfunden werden

Über 300 Menschen reisten in diesem Jahr zum "Los Geht's" auf den Olgashof bei Wismar. Seit 1998 findet das -Festival des Kommuja-Netzwerks der politischen Kommunen regelmäßig statt. Regine Beyss, Redaktion Kassel "Wir müssen das Rad ja nicht immer wieder neu erfinden", sagt Heinz-Ulrich Eisner. "Und es müssen auch nicht alle die gleichen Fehler nochmal machen." Genau darum organisiert das Kommuja-Netzwerk der politischen Kommunen seit 1998 regelmäßig das "Los Geht's"-Festival für Menschen, die an Gemeinschafts- und Kommuneleben interessiert sind, eigene Projekte gründen oder sich einer bestehenden Gruppe anschließen wollen. Und das Interesse ist nach wie vor riesig: Beim diesjährigen "Los Geht's" auf dem Olgashof in Mecklenburg-Vorpommern tummelten sich über 300 Menschen. Schon Wochen vorher waren alle Plätze ausgebucht. Über Pfingsten verwandelte sich das Gelände in der Nähe von Wismar in einen anderen Ort: Die erst vor kurzem gekaufte Wiese wurde zum Zeltplatz, die KüfA (Küche für Alle) aus Bitterfeld baute ihre mobile Küche auf, Kompostklos und Pinkelgebüsche schossen aus dem Boden, ein Kiosk nahm seinen Betrieb auf und die große Halle wurde ausgeräumt. Überall auf dem Hof standen große und kleine Zelte - für Workshops, Kinderbetreuung und das abendliche Kulturprogramm. Die Organisation im Vorhinein übernahmen zehn Menschen aus unterschiedlichen Kommunen des Netzwerkes. Heinz-Ulrich Eisner aus der Villa Locomuna in Kassel war einer von ihnen. "Das Orgateam ist keine feste Gruppe, sondern setzt sich immer neu zusammen", erzählt er. So gleicht kein "Los Geht's" dem vorherigen. In diesem Jahr hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, sich einer festen Bezugsgruppe anzuschließen. Mit jeweils zwei Teamer*innen aus dem Kommuja-Netzwerk behandelten diese Gruppen vier Basisthemen: gemeinsame Ökonomie, Konsens, soziales Miteinander und Kommune und Politik. Einzelne Gruppen setzten eigene Schwerpunkte wie "Kollektives Arbeiten" oder richteten sich speziell an Gemeinschaften in Gründung. "Menschen, die alleine anreisen, sollen in den Bezugsgruppen die Möglichkeit haben, gleich von Beginn an andere Menschen in einem kleineren Rahmen kennenzulernen", erklärt Eisner das Konzept. Außerdem sei die Bearbeitung von bestimmten Themen oft einfacher, wenn sie in einer festen Gruppe stattfinde: "Die Teilnehmer*innen durchlaufen so einen gemeinsamen Prozess und Wiederholungen werden vermieden." Das Konzept kam offensichtlich gut an: Die bisherigen Rückmeldungen an die Orga-Gruppe und an die Teamer*innen waren überwiegend positiv. Neben den Basisthemen, die am Vormittag gemeinsam erarbeitet wurden, standen nachmittags freie Workshops auf dem Programm. Sowohl die Teamer*innen als auch die Teilnehmer*innen waren eingeladen, eigene Angebote zu machen. So reichte die Themenpalette von "Spirituellem Anarchismus" über "Solidarische Landwirtschaft" bis zu "Kinderyoga". Abends waren die Plätze rund um das Lagerfeuer heiß begehrt, da die Temperaturen leider ein wenig zu wünschen übrig ließen. Nichts desto trotz kamen auch Musiker*innen und Tänzer*innen auf ihre Kosten, wenn im großen Zirkuszelt das Programm auf der Bühne startete. "Ich nehme auf jeden Fall ganz viel mit von diesem Festival", sagten viele Teilnehmer*innen beim Abschlussplenum in ihrer Bezugsgruppe. Die Kommune-Themen seien nun weniger suspekt und theoretisch, sondern praktisch und greifbar geworden. "Toll war auch die offene Atmosphäre." Vor allem Menschen, die noch wenig Erfahrung mit Kommunen und Gemeinschaften hatten, bekamen Denkanstöße und wurden in ihrem Gefühl bestärkt, dass es noch etwas anderes geben muss, als das Leben in isolierten und kapitalistischen Strukturen. Und diese Alternativen werden bereits an vielen Orten in Deutschland umgesetzt, wie sich spätestens beim "Brunch der Möglichkeiten" zeigte. Hier konnten sich alle vertretenen Gruppen vorstellen und mit Interessierten ins Gespräch kommen. Wer bereits mit einer konkreten Gründungsidee zum "Los Geht's" kam, bekam hier auf jeden Fall noch zusätzliche Inspiration und Tipps mit auf den Weg. Keine Frage, dass sich für Heinz-Ulrich Eisner die Arbeit der Orga-Gruppe gelohnt hat. Drei Planungstreffen und mehrere Tage Vorbereitug auf dem Olgashof waren nötig, um dieses Festival auf die Beine zu stellen. Das Rad wurde dort tatsächlich nicht neu erfunden. Aber auf jeden Fall wurde es ein gutes und wichtiges Stück weiter gedreht. Weitere Infos: www.kommuja.de, www.olgashof.de

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