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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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März 2008

Aus dem Inhalt
Repression

FAIRNESS IN DER (ÖKOLOGISCHEN) LANDWIRTSCHAFT

Von der Bewegung zur Branche

Bio ist (zu) teuer - dieses (Vor-)Urteil gilt nur noch eingeschränkt. Die allerorts entstandenen Öko-Supermärkte sind nur ein Zeichen dafür, dass sich der ökologische Landbau nicht mehr in einer politischen Nische, sondern mitten in der ökonomischen Wirklichkeit der Gesellschaft befindet. "Öko" wird jetzt nicht mehr nur von den BoBos (Bourgeoisie Bohemiens) und der grünen postmaterialistischen Mittelschicht gekauft, sondern ist im normalen Lebensmitteleinzelhandel angekommen.

Von Bernd Hüttner, Redaktion Bremen - Dies mit allen damit verbundenen Vorteilen - wie niedrige Preise und Nachteilen, wie Anonymität der und ungenügende Preise für die ProduzentInnen hierzulande und - global. Die Industrialisierung der ökologischen Ernährungswirtschaft hat längst begonnen, die Bedeutung der früher charakteristischen Direktvermarktung über Hofläden und Märkte nimmt weiter ab (1).

Die Situation wird dadurch nicht leichter, dass mit der Einführung der EU-Öko-Verordnung Anfang der 1990er Jahre und dann der dazu passenden Zertifizierung im Jahr 2001 das Zwei-Welten-Bild von Bio und Nicht-Bio in der Ernährung nicht weiter aufrechterhalten werden kann (2). Das Wachstum des Marktes wird durch die niedrigen Preise, die wiederum auch durch die steigende Zahl von Betrieben, die ausschließlich nach den in der EG-Öko-Verordnung festgelegten Kriterien wirtschaften, die jedoch hinter den Standards der ökologischen Anbauverbände zurückbleiben, mit ermöglicht.

Zwei gesellschaftliche Trends, an denen sich die Erzeugung von ökologischen Lebensmitteln orientieren muss, sind:

Unter der Woche nimmt die Außer-Haus-Ernährung weiter zu, die meisten essen in den Arbeitspausen aber nicht in Kantinen. Gute und hinreichende Angebote "besseren" Essens werden so zu einer zentralen Herausforderung lokaler Ernährungskultur. Es besteht inzwischen zweitens Einigkeit darüber, dass gute Ernährung in Schule und Kindergarten wichtig ist. Diese muss aber kulturell anschlussfähig sein und Ernährung muss zu einem Kompetenzfeld in Schule und Kindergarten gemacht werden.

Die im AgrarBündnis zusammengeschlossenen Verbände versuchen mit einer Debatte darüber, was Fairness im Ökolandbau sein könnte, auf die Umbrüche der Bio-Branche zu reagieren. Sie machen darauf aufmerksam, dass eine lokale und regionale Ernährungskultur und Lebensmittelproduktion wichtig ist und dazu z.B. ein hinreichendes Angebot an Wochenmärkten mit guter Qualität gehört.

Reinhard Pfriem definiert "fair" in einem Vortrag wie folgt: "Fair ist, wenn die Erzeuger, Verarbeiter, Verkäufer regional nachhaltiger Lebensmittelprodukte genügend Entfaltungs- und Absatzmöglichkeiten zu miteinander als fair empfundenen Bedingungen haben. Fairer Umgang beruht auf angemessener Wertschätzung in den direkten Interaktionen wie im öffentlichen Raum. Dafür soll insbesondere die lokale, auch regionale Handlungsebene aktiviert werden und es sind die politischen wie sonstigen Entscheidungsträger und Akteure auf dieser Ebene in die Pflicht zu nehmen".

Fairness gehört historisch gesehen zu den Grundprinzipien des Ökologischen Landbaus, kann aber nur sehr schwer konkret definiert werden. Daher gibt es in den Richtlinien der Verbände oder der EU-Öko- Verordnung zumindest bislang keine entsprechenden Vorgaben. Aber der Bioboom mit vielen neuen Marktbeziehungen hat die Strukturen des Ökolandbaus so verändert, dass Bedarf besteht, das Verhältnis und den Umgang derer, die in der Wertschöpfungskette miteinander arbeiten, zu diskutieren. Ob es möglich und sinnvoll ist, Fairness als allgemeines Grundprinzip des Ökologischen Landbaus konkreter festzuschreiben und auch zu kommunizieren, ist, so einer der Beiträge dieses CONTRASTE-Schwerpunktes, auf dem Stand der bisher geführten Diskussion noch offen. Klarer ist dagegen, dass eine bäuerliche und regionale Landwirtschaft eine Verständigung über diese Fragen braucht, um im Wettbewerb der Qualitätsdifferenzierung bestehen zu können.

Schwerpunktthema Seite 7 bis 10

Anmerkungen: 

1) 2005 verteilten sich die Marktanteile auf 30 Prozent Einzelhandel, 30 Prozent Naturkosthandel und circa 20 Prozent Direktvermarktung. 

2) In Deutschland wird das EU-Siegel bisher wegen des größeren Bekanntheitsgrades des staatlichen deutschen Siegels und der Logos der Anbauverbände wenig verwendet, während es sich in anderen EU-Mitgliedsstaaten stärker durchgesetzt hat. Ab 2009 soll in der EU ein neues Bio-Siegel eingeführt werden, das, so kritisieren Verbraucherschützer, die Kriterien zur Erlangung des Siegels weiter verwässert.

Auf der Website des AgrarBündnis sind weitere Texte und Materialien zum Thema "Fairness und Ethik im ökologischen Landbau" abrufbar: www.agrarbuendnis.de/index.php?id=238

Lesenswert ist auch die fortlaufende Berichterstattung dazu im jährlich erscheinenden Kritischen Agrarbericht. Auf dessen website www.kritischeragrarbericht.de  sind weitere Texte zugänglich.

 

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Stand: 07. August 2008