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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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Bestandsaufnahme

Alternative Betriebe in Nordrhein-Westfalen

Bestandsaufnahme

Alternative Betriebe in Nordrhein-Westfalen - Bestandsaufnahme und Beschreibung von alternativ-ökonomischen Projekten in NRW.

Von Wolfgang Beywl, Hartmut Brombach und Mattbias Engelbert.

In der Studie wird zunächst der Ökonomische Hintergrund des erst jetzt erwachten öffentlichen Interesses an der Alternativen Ökonomie beschrieben: Das auf uns zurollende Problem der Arbeitslosigkeit nach Ausbildung. Für NRW wird geschätzt, daß schon bald 250.000 junge Erwachsene zwischen 20 und 24 Jahren arbeitslos sein werden.

In NRW gibt es insgesamt ca. 800 Kollektivbetriebe mit 5.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In dem Bericht wird ihre Verteilung auf Branchen und Regionen dargestellt.

Die Leserinnen und Leser des Wandelsblattes können die Studie kostenlos beim MAGS, Horionplatz 1, 4000 Düsseldorf (Pressereferat) erhalten. Bestellt massenhaft!

In alternativen Unternehmen Nordrhein-Westfalens entstanden 5000 Arbeitsplätze

Lange Arbeitszeit und niedriger Lohn

Von Wolfgang Beywl - Achthundert alternativ-ökonomische Projekte haben in den vergangenen Jahren rund 5.200 neue Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen geschaffen. Jedes vierte Mitglied der Alternativ-Wirtschaft ist im Medien- und Kultursektor beschäftigt, unter anderem bei hundert Kleinverlagen und Alternativzeitungen und 65 Buchläden. Ein weiteres Viertel arbeitet in einem der 150 Bildungswerke, Frauenhäuser oder einem sonstigen medizinischen, sozialen oder therapeutischen Projekt. In den 150 Naturkost- und Textilläden, Second-Hand-Shops und sonstigen Handelsbetrieben gibt es knapp 700 Beschäftigte, ebenso viele wie in den 130 handwerklichen Produktionsstätten, also Schreinereien, Bio-Bäckereien und Baubetrieben. In 75 Cafes, Kneipen und anderen Freizeitprojekten sind noch rund 600 Mitglieder beschäftigt. Die alternativen Unternehmen haben meist drei bis acht Mitarbeiter.

Dies sind die Ergebnisse einer Studie zur Alternativökonomie in Nordrhein-Westfalen, vom Arbeits- und Sozialminister Friedhelm Farthmann (SPD) beim Bonner Institut für Demokratieforschung in Auftrag gegeben.

Schon seit einem Jahr beschäftigt sich die nordrhein-westfälische Landesregierung mit der Frage, ob und in welcher Weise sie dazu beitragen kann, den selbstverwalteten Betrieben und Sozialprojekten eine Chance einzuräumen. Die selbstverwalteten Betriebe sind Kinder der 70er Jahre, der Außerparlamentarischen Opposition und der Studentenbewegung. Im verschärften sozialen Klima von heute drohen sie wieder unterzugehen.


Seit Jahren ist der Arbeitsmarkt für viele Berufsanfänger verriegelt. Jugendliche nach der Ausbildung und Hochschulabgänger werden, insbesondere, wenn es sich um die Frauen handelt, zunehmend aus dem tariflich geregelten Erwerbsleben ausgebremst.

Besonders in den Alternativprojekten, die von der „überflüssigen Generation" getragen werden, wird die Beschaffung des Existenzminimums zum Hauptproblem, droht dem Modell „Alternative Ökonomie", das zukunftsweisend sein könnte, der wirtschaftliche Untergang.

Das Besondere der alternativen Unternehmen, fanden die Bonner Demokratieforscher heraus, ist denn auch die kollektive Eigentums- und Entscheidungsstruktur und das politisch-offensive Selbstverständnis. In alternativen Unternehmen geht es um selbstbestimmte, kreative und solidarische Erwerbsarbeit mit dem Ziel gesellschaftspolitischer Reformen.

Das zeigt sich auch an den Projekten, die von Alternativen neu auf den Markt gebracht werden: naturbelassene Nahrungsmittel, Energiespartechnologien, aber auch an neuen Dienstleistungen wie ganzheitlichen Konzepten der medizinischen und sozialen Versorgung. Sobald diese Produkte und Dienstleistungen aber aus der „Scene" hinaus verkaufbar werden, steigen die kapitalstarken Profitunternehmen in das Geschäft ein und verdrängen die markterschließenden Alternativbetriebe.

Bioläden geraten in rote Zahlen

Ein Beispiel dafür ist der Biomarkt: Die Kaufhaus- und Discount-Ketten rücken solche „Bio"-Produkte aus der chemischen Agrarindustrie in ihre Regale, die sich lediglich durch den gepfefferten Preis und die Primitivverpackung, nicht aber im Nährwert oder in der Schadstoffbelastung von den Normalprodukten unterscheiden. Der Verbraucher wird beschummelt und die Bioläden geraten in die roten Zahlen.

Konkurrenzdruck und Verschlechterung der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führen nun auch in Nordrhein-Westfalen dazu, daß die Projekte ihre Zusammenarbeit verstärken. So wurde damit begonnen, eine durch Arbeitsförderungsmittel mitfinanzierte Beratungskooperative aufzubauen.

Damit ist das große Hindernis für eine Konsolidierung des alternativ-ökonomischen Sektors – der dauernde Kapitalmangel – noch nicht aus dem Weg geräumt. Denn die Banken geben Alternativen keine Kredite, und die öffentliche Hand gibt kaum Fördermittel.

Arbeitsplätze und sinnvolle Lebensperspektiven stehen für einige Tausend Berufsanfänger auf dem Spiel, aber auch der für die Gesellschaft wichtige Experimental- und Modellcharakter der Alternativökonomie. So kommen die Forscher zu dem Schluss: Mit schnell wirksamer und unbürokratischer Förderung, die jedoch die Selbständigkeit der Alternativprojekte sichert, ließen sich in den nächsten Jahren allein in Nordrhein-Westfalen noch einmal 5.000 bis 6.000 Arbeitsplätze schaffen.

Aus „Vorwärts" v. 22.9.1984, S. 15

 

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Stand: 21. November 2009