Januar 2015 - Fab Labs und Hacklabs

(Fast) alles selber machen?!

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Fab Labs, Hack Labs, Hacker Spaces, Maker Spaces – viele Begriffe gibt es für Räume, in denen mit selbstbestimmter Nutzung von Technik experimentiert wird. In diesem Schwerpunkt versuchen wir, hinter die Kulissen zu schauen.

Foto: Fabulous St. Pauli

Von Brigitte Kratzwald, Redaktion Graz und Reni Hofmüller, ESC-Medien Kunst Labor Graz Im Jahr 1998 bot der Physiker Neil Gershenfeld am Massachusetts Institut of Technology (MIT) in Boston einen Kurs mit dem Titel »How to make (Almost) Anything« an. Der Kurs war für Physikstudierende höherer Semester gedacht, um ihnen Wissen über High-Tech-Geräte zu vermitteln. Er wurde jedoch von mehr als hundert Studierenden der verschiedensten Studienrichtungen, darunter viele Architekten oder Künstlerinnen, gestürmt. Diese Erfahrung wiederholte sich in den darauffolgenden Jahren, was Gershenfeld 2002 veranlasste, das erste Fab Lab außerhalb des MIT in Boston einzurichten, um allen Interessierten Zugang zu diesen Geräten zu verschaffen. Mit diesem Schritt wollte Gershenfeld die Menschen ermächtigen, »ihre technische Zukunft selbst zu gestalten« und die Trennung zwischen KonsumentInnen und ProduzentInnen aufbrechen. Heute gibt es hunderte von Fab Labs auf allen Kontinenten. 2009 wurde die Fab Foundation gegründet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Ausbau regionaler und internationaler Netzwerke zu unterstützen.


Zur Grundausstattung eines Fab Labs gehören neben den bekannten 3-D-Druckern auch computergesteuerte spanabhebende Maschinen, Lasercutter, Elektronikbauteile und einiges an »normalem« Werkzeug. Die wesentlichsten Prinzipien sind der freie Zugang zu den Fab Labs selbst und dass alles, was dort entwickelt wird, auch unter einer freien Lizenz im Internet weitergegeben wird. Das voneinander Lernen ohne »Experten« wird groß geschrieben. Fab Labs sollen eine Dezentralisierung und Demokratisierung der Hochtechnologie und eine Wiederaneignung der Technik von unten ermöglichen.


Eine andere Sichtweise ergibt sich, wenn man die Entstehungsgeschichten der diversen Hackerkulturen betrachtet. Sie reichen zurück in die Protestkulturen der 1960er und 70er, und haben etwas zu tun mit einer grundsätzlichen Haltung der Infragestellung von Machtstrukturen und einer subversiven, auch renitenten Verhaltensweise.


Zu Beginn der 1990er entstehen Hacklabs, angedockt und eingebettet in eine anarchistische Szene. Eines ihrer Hauptziele: Technologie(n) verstehen und für bestimmte Ziele nutzbar und veränderbar machen, am besten gemeinsam, also in der Idee eines Kollektives, oder einer Kooperative, in der die vorhandenen Produktionsmittel miteinander geteilt werden.


Ein wenig später wurden die ersten Hackerspaces gegründet: rund um den Chaos Computer Club in Berlin, oder ACTLab in Texas: »Make Stuff. Take Risks. Be Awesome. These are the words we live by in the ACTLab«. Die Hauptausrichtung hier: »Entwicklung Freier Software, computer recycling, wireless mesh networking, Microelectronik, Open Hardware, 3D Drucker, Maschinenworkshops und Kochen.« Jede/r kann einen Hackerspace gründen; auch hier gilt: so etwas macht man gemeinsam, die Menge der involvierten Menschen spielt keine Rolle; es gibt sogar mobile Hackerspaces – die Interessierten treffen sich nach Zeit und Bedarf einmal an diesem, einmal an jenem Ort – in Kairo wie in Montreal.


Natürlich gibt es auch Kritik an der wahrgenommenen Technikeuphorie, die sich zum Teil auf die mangelnde Nachhaltigkeit der Technologien in Bezug auf Ressourcen- und Energieverbrauch richtet. In Frage gestellt wird ebenso der emanzipatorische Wert solcher Technologien sowie die sozialen Zugangsbarrieren. In ihrem Beitrag auf Seite 11 beschäftigt sich Brigitte Kratzwald mit solchen grundlegenden Fragen zukunftsfähiger und emanzipatorischer Techniknutzung. Tom Hansen von der Anstiftung Ertomis, die den Verband offener Werkstätten Deutschlands unterstützt, dem auch die Fab Labs angehören, erklärt auf Seite 12 welches Potenzial er in Fab Labs sieht, dort gibt es auch Grundinformationen über die verschiedenen Szenen. Reni Hofmüller und Stefanie Wuschitz bringen auf Seite 13 einen feministischen und anarchistischen Blickwinkel auf Hacker Spaces ein. Auf Seite 14 berichten Tanja Döring und Axel Sylvester von ihren Erfahrungen im Fab Lab Hamburg.

Schwerpunktbeiträge Januar 2015

Brigitte Kratzwald, Redaktion Graz Technik für eine zukunftsfähige Gesellschaft. High-Tech Subsistenz oder Smart Capitalism?

Tom Hansing, München High-Tech und der Freiraum zum Selbermachen. Bitte gieß mich, deine Topfpflanze

Internationale Fab Charter, Hacker Ethik, Nerd culture

Stefanie Wuschitz, Wien Disruptive und integrative Praktiken. Gleichbehandlung in Hacker Spaces

Reni Hofmüller, ESC Graz Feministische Hackerspaces. Gemeinsam laut nachdenken

Interview mit Fabulous St. Pauli. Digitale Produktion, spannende Gedanken und tolle Menschen


Aus dem Inhalt


Erste Ost - West vereinigte Berliner revolutionäre 1. Mai Demo
Foto: Umbruch Bildarchiv

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