4. Internationale Degrowth-Konferenz in Leipzig

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Gestaltung (cc)-by-sa: Christoph Chrom

Programmkoordinatorin Nina Treu im Interview


Im Vorfeld der 4. Degrowth-Konferenz sprach CONTRASTE-Redakteur Johannes Dietrich mit der Programmkoordinatorin Nina Treu vom Mitveranstalter Konzeptwerk Neue Ökonomie e.V.. Sie gibt einen Einblick darin, wie die Konferenz nach Leipzig kam, wie sie organisiert wurde und was dort diskutiert wird. Die Fragen für CONTRASTE stellte Johannes Dietrich, Redaktion Berlin.


Wie kam es dazu, dass nach den Vorgänger-Konferenzen in Paris, Barcelona und Venedig die 4. Degrowth-Konferenz in Deutschland stattfindet?


Die Konferenzen dieser Reihe werden vom internationalen Netzwerk »Research & Degrowth (R&D)« initiiert und unterstützt. Vor 2 Jahren haben wir uns dort mit dem Veranstaltungsort Leipzig beworben. Wir waren alle sehr happy über die Zusage im Frühjahr 2013.


Warum wolltet ihr, dass die Konferenz in Leipzig stattfindet?


Die Stadt bietet sich für das Konferenzthema geradezu an: Leipzig ist über einen Schrumpfungsprozess hinweg und wächst seit einigen Jahren wieder. Sogar BMW hat hier ein Werk gebaut. Durch verschiedene Faktoren wie die Finanzkrise, die wachsende Bevölkerung und Geldanlagen in Immobilien ist nun auch Verdrängung ein Thema geworden.

Zudem gibt es in Leipzig bereits viele Initiativen, die sozial-ökologische Konzepte umsetzen. Diese sollen mit Hilfe der Konferenz breiter bekannt gemacht werden.

Nicht zuletzt war der Standort des Leipzig-Büros vom Mitveranstalter »Konzeptwerk Neue Ökonomie e.V.« Auch kurz vorstellen? ausschlaggebend.


Wie wurde die Veranstaltung organisiert?

Kurz nach der Zusage haben sich alle Interessierten im Frühjahr 2013 das erste Mal zu einem Plenum getroffen und auf diesem die Organisationsstruktur in Form von verschiedenen Arbeitsgruppen und einer AG-übergreifenden Koordinationsgruppe gegründet. Die Gruppen trafen sich alle 2 bis 3 Monate, das waren vor allem junge Leute und Studierende, die eine große Offenheit und tolle Ideen für die Ausgestaltung der Konferenz mitbrachten. Erfreulicherweise lief die Zusammenarbeit in den Teams meistens sehr gut.

Die Vorbereitungsteams haben zum großen Teil ehrenamtlich gearbeitet. Glücklicherweise konnten wir auch einige hauptamtliche Stellen für die Koordination schaffen sowie einige Honorarverträge vergeben.


Welche Hauptstränge in der Diskussion um Wachstumsrücknahme haben sich in den letzten Jahren herausgebildet?

Zunächst einmal: meine bevorzugte Übersetzung von »Degrowth« ist »Entwachstum«, also nicht »Wachstumsrücknahme«. Durch diesen Begriff wird besser deutlich, dass es um die Überwindung, nicht um ein Ausbremsen des Wachstums geht.

Die Diskussion in Deutschland um Entwachstum ist breit gefächert, und näher darauf einzugehen, würde den Rahmen dieses Interviews sprengen. Auf der Konferenz-Website findet sich jedoch ein Text von Matthias Schmelzer, der einen sehr guten Einstieg bietet. Perspektivisch zieht Schmelzer in der Debatte eine Grenze zwischen Sozial-ReformerInnen, individuell-suffizienzorientierten TheoretikerInnen, FeministInnen, KapitalismuskritikerInnen und den Konservativen. Von jeder dieser Strömungen, außer der konservativen, haben wir auch VertreterInnen im Organisationsteam.


»Die Wirtschaft muss wachsen, damit es immer mehr Menschen gut geht« - wo siehst Du Denkfehler in dieser Behauptung?

Wenn die Wirtschaft wächst, nimmt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu, also der Geldwert aller umgesetzten Produkte und Dienstlesitungen in einem Land. Das BIP sagt aber noch nichts über das Wohlergehen der Bevölkerung aus. Dazu müsste noch eine soziale Frage beantwortet werden, die nach der Verteilung der Gewinne. Außerdem spielen auch ökologische Faktoren wie Ressourcenverbrauch und Schadstoffsenken eine Rolle, über deren Entwicklung das BIP nichts aussagt.


Welche Alternativen zum Wachstum werden auf der Konferenz debattiert?

Sehr viele und auf vielen verschiedenen Ebenen. Zum Beispiel praktische Ansätze wie Community Supported Agriculture, Stadtprojekte und Gemeinschaftsgärten.

Wichtig ist aber auch die Entwicklung der Theorie, also beispielsweise der Commons-Debatte und von Bildungsaspekten. Dazu werden neue Studien vorgestellt und Podien veranstaltet.

Neben einem regionalen Fokus kommen auf der Konferenz natürlich etliche internationale AkteurInnen aus dem Degrowth-Zusammenhang, aus ganz Europa, aber auch aus Asien und Lateinamerika zu Wort.

Übrigens: Wer nicht selbst kommen kann oder die Konferenz verpasst hat, kann Debatten und Mitschnitte auf unserer Homepage nachverfolgen.


Inwiefern ist die Konferenz selbst ein Beispiel für Entschleunigung bzw. Wachstumsrücknahme?

Dafür haben wir eine ganze Menge getan. Zunächst wäre da die basisdemokratische Organisation der Veranstaltung, die auf die Bedürfnisse und Ideen der Menschen in den Orgateams eingeht.

Für die Teilnehmenden gibt es die Möglichkeit, ressourcen- und geldschonend zu zelten oder in Privatquartieren unterzukommen, die Verpflegung während der Konferenz ist vegan.

Außerdem gibt es für den TeilnehmerInnenbeitrag lediglich eine Empfehlung, der Preis richtet sich auch nach verfügbarem Geld bzw. nach Selbsteinschätzung. Ein Ticket für den Öffentlichen Nahverkehr ist in jedem Fall bereits im Ticket enthalten.

Leider haben wir jedoch keinen Einfluss auf die Ökobilanz der Universitäts-Räume, in denen die Konferenz stattfindet!


CONTRASTE ist die Monatszeitung für Selbstorganisation. Was kann die Normalbürgerin selbst in die Hand nehmen, um an der Wachstumswende aktiv mitzuwirken?

Am besten packt mensch Dinge an, die einfach umzusetzen und gesellschaftlich gut sichtbar sind. Dazu gehört meiner Meinung nach beispielsweise die Initiierung von Stadtgärten, einer CSA-Kooperative oder eines Umsonstladens. Wer Lust hat und durch die Veranstaltung inspiriert wird, kann aber auch lokale Veranstaltungsreihen starten, die die Gedanken aus der Degrowth-Konferenz weitertragen bzw. weiterentwickeln.


http://leipzig.degrowth.org/de/

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