Mai 2014 - Schwerpunkt: Vergesellschaftung

Vergesellschaftung - Alles für alle, aber wie?

Eine solidarische Gesellschaft für alle. Diese Forderung bewegt viele Menschen. In Anbetracht von ökologischer Krise und zunehmender Armut, auch in den Zentren der Industriestaaten, hat sich die Debatte rund um das Thema solidarische Gesellschaft auch hierzulande verbreitert. Dieser Schwerpunkt widmet sich einem dieser Ansätze der solidarisch demokratische Gesellschaftsstrukturen denkbar  macht: Vergesellschaftung.

Foto: Kai Böhne

Von Ulrike Kumpe, Redaktion Berlin »The only good system is a sound system« propagieren die HedonistInnen. Hedonismus kommt aus dem Griechischen und bedeutet »Freude, Vergnügen, Lust, Genuss, sinnliche Begierde«. HedonistInnen wird durchaus vorgeworfen, dass sie nur am Lustgewinn interessiert seien – warum auch nicht? Eine solidarische Gesellschaft soll schließlich keine Verzichtsgesellschaft sein. Leben darf Spaß machen und Lust bereiten. Gesellschaft und Politik sollen an den Bedürfnissen aller Menschen orientiert sein und ihnen nicht ihre Bedürfnisse abgewöhnen. Vergleicht man die Gesellschaft mit einer Party, spiegelt sich das Regulariensystem auch darin wieder. Wer darf auf welche Party? Wer darf in den ViP – Bereich? Wer steht an der Tür, um dafür zu sorgen, dass weniger Privilegierte draußen bleiben müssen oder zumindest nicht in ViP – Bereiche kommen? Wer muss die Reste nach der Feier wegräumen?


Unsere gesamte Gesellschaft basiert derzeit auf dem Zugang zu oder Ausschluss von Privilegiensystemen. Diejenigen, die Erwerbsarbeit haben, sind oft überarbeitet. Andere können keine Arbeit finden oder sind, wie Menschen ohne Papiere, strukturell davon ausgeschlossen. Für immer mehr Menschen gibt es immer weniger zu feiern. Gesellschaftsstrukturen, die in der Lage sind VIP-Bereiche verschwinden zu lassen, müssen erst entwickelt werden.


Vergesellschaftung ist ein solches Konzept. Die ursprüngliche Idee stellt Forderungen für (basis)demokratischen Strukturen in der Wirtschaft auf. Das Konzept entwickelte sich entlang von Kämpfen um städtischen Wohnraum, sowie anhand von Energiekämpfen weiter.


Wie Vergesellschaftung konkreter aussehen kann und welche Theorien ihr zugrunde liegen wird im Artikel auf Seite 11 unter Bezugnahme auf die aktuellen Auseinandersetzungen vorgestellt.

Die derzeit sehr vielfältigen Kämpfe um Wohnraum und die damit einhergehende Forderung nach Enteignung beschreibt Avanti – Projekt undogmatische Linke auf Seite 12.

Frigga Haug schlägt in ihrem Entwurf einer solidarischen Gesellschaft mit der Vier- in-Einem Perspektive ein anderes Zeitmanagement vor, um auch die Zeit zu haben, zu einer guten Party gehen zu können. Ihr Fokus liegt auf einem veränderten Arbeitsbegriff, dessen Umsetzung kapitalistische und patriarchale Strukturen überwinden könnte. Auf Seite 13 veröffentlichen wir ihr Plädoyer für eine kollektive Kultur der Veränderung.

Da das Thema Vergesellschaftung derzeit noch mehr Fragen aufwirft als es beantworten kann,wirft der abschließende Beitrag von Antonia Schui auf Seite 14 einen kritischen Blick auf Leerstellen und mögliche Ausgrenzungen, die auch in Ansätzen der Vergesellschaftung enthalten sein können.„The only good system is a sound system“, so einfach ist es dann doch wieder nicht. Wie wird eine gute Anlage produziert? Unter welchen Bedingungen? Welche Strukturen der Vergesellschaftung brauchen wir, dass wir am Ende alle Grund haben, zusammen zu feiern. Dann bleibt hoffentlich nur noch diese Frage offen: Auf welche Musik habe ich heute Lust?

Schwerpunktbeiträge Mai 2014

Ulrike Kumpe, Redaktion Berlin; Schwerpunkt: Vergesellschaftung. Beharrlich Demokratie gestalten

Stadt-AG Avanti Berlin, Berlin; Vergesellschaftung als Perspektive für Kämpfe um Wohnraum. Jenseits des Mietspiegels

Antonia Schui, Redaktion Berlin; Interview mit Frigga Haug zur Vier-in-einem-Perspektive. Wir brauchen eine Kultur der kollektiven Veränderung

Antonia Schui, Redaktion Berlin; Wer vertritt welche Interessen und warum? Vergesellschaftung, Feminismus und illegalisierte HausarbeiterInnen

Bianca Rohner; Über 40 Jahre Hausbesetzungen in Deutschland. Menschen kämpfen für ihr Recht auf Wohnraum


Aus dem Inhalt


Griechenland-Solidarität

 

ERT, der von griechischen JournalistInnen besetzte Rundfunk und Fernsehsender und die Zeitung der Redakteure sind auf einer Rundreise durch Deutschland, um über ihre Situation aufzuklären und über die Lage ihrer Projekte zu berichten. Ganzen Beitrag lesen

LiSA-Solidarisch Wohnen in Wien

LiSA-Gemeinschaftswochenende im März 2014 Foto: LiSA

In Wien gründen sich weitere Wohnprojekte. LiSA ist eines von sechs Projekten. Ein Interview mit den Baugruppenmitgliedern Brigitte Hein und Oliver Auer.


Brabbl statt brabbeln

Foto: brabbl eG

Im Netz wird viel geplappert. Um Diskussionen übersichtlicher zu machen, haben ein paar Freunde ein Tool entwickelt, um Diskussionen übersichtlicher zu machen. Ganzen Beitrag lesen

Zeitzeugen-App der Berliner Geschichtswerkstatt

Die neue Zeitzeugen-App, bringt mit dem Smartphone die Geschichte in die Straßen Berlins. Fünf Touren zu Zwangsarbeit sind kostenlos nutzbar. Ganzen Artikel lesen

Migranten: Solidarität und Selbstorganisation

Das Camp in Melilla Foto: Alan Mitchem

Auf eigene Faust war der attac-Aktivist Alan Mitcham über Spanien nach Melilla gereist, der spanischen Enklave auf dem marokkanischen Festland, um vor Ort direkt mit Flüchtlingen zu sprechen. Auf einer Veranstaltung im Kölner Allerweltshaus berichtete er über die Reise.

Gemüserebellen initiieren Versorgungsgemeinschaft

Genossenschaftsvorstand des Kartoffelkombinats bei einem der vielen Hoffeste (v.l.n.r. Daniel Überall, Simon Scholl mit Gärtnermeister Sigi Klein). Bildnachweis: Kartoffelkombinat eG.
Foto: Kartoffelkombinat eG.

Das Kartoffelkombinat eG. tritt der Discounterisierung entgegen und gründet eine Versorgungsgemeinschaft in München.

Kurzfilme von den Solothurner Filmtagen

Die beiden Kurzfilme „die strampelnde Litfasssäule“ und „Übel und Fatalismus“ werden vorgestellt.

 

 

Community Organizing

Die revolutionäre US-amerikanische Perspektive des Community Organizings bietet viele Ideen für durchsetzungsstarke Nachbarschaftsorganisationen.

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