353, Februar 2014: Windenergiegenossenschaften

Energiewende in Bürgerhand mit neuem Schwung

Gelähmt, handlungsunfähig, paralysiert, blockiert, ohnmächtig – so kann die dezentrale Energiewende zurzeit beschrieben werden. Seit Monaten starren die meisten Akteure gebannt nach Berlin. Sie wollen rechtzeitig wissen, welche weiteren Widrigkeiten die Politik ausbrütet, um Projekte der Erneuerbaren Energien, umgesetzt durch Bürger und Energiegenossenschaften, zu verhindern. Der Elan der letzten Jahre kommt so weitgehend zum Erliegen. Haben die wichtigsten Akteure zur Umsetzung der Erneuerbaren resigniert? Geben sie das Gesetz des Handelns aus der Hand? Wird künftig auf die Umsetzung von Windprojekten im Binnenland verzichtet, obwohl dies grundsätzlich zu den wirtschaftlichsten Lösungen gehört?

Foto: Initiative "Die Wende - Energie in Bürgerhand"

Von Burghard Flieger, Redaktion Genossenschaften


Mitte des letzten Jahres wurden noch zahlreiche Energiegenossenschaften gegründet mit dem Ziel, Windenergieprojekte auf den Weg zu bringen. Mittlerweile ist es um viele dieser Gründungen still geworden. Die Risiken, bei Vorlaufzeiten von zwei Jahren eine Windkraftanlage oder gar einen Windpark in Betrieb zu bringen, erscheinen kaum noch schulterbar. Schließlich sind seitens der Politik zahlreiche Verhinderungsregelungen in Vorbereitung. Eine verwirrende Gesetzesmaschinerie soll die Energiewende stoppen – begleitet mit den üblichen beschönigenden Begriffen wie Strompreisbremse, atmender Deckel, Ausbaupfad, Energiewende 2.0.

Die Energiewende war aber nie nur ein rechtliches, technisches oder wirtschaftliches Konzept, sondern immer Politik von unten pur. Nirgendwo sonst wurde in den letzten Jahrzehnten so viel Engagement aufgebracht, um «die Welt zur retten». Die Auswirkungen für die vier Oligopole sind mittlerweile massiv, so dass nur eine Vollbremsung deren weitere Machterosion verhindern kann. Eine solche Vollbremsung lässt sich nur verhindern, wenn «Energie in Bürgerhand» weiterhin durch aktive Projektumsetzungen vorangetrieben wird. Windenergieprojekte durch Genossenschaften nehmen hier einen zentralen Stellenwert ein. CONTRASTE greift das Thema auf und veranschaulicht konkrete Möglichkeiten anhand von Beispielen.

Aufklären über Desinformation

Der Einstieg in das Thema durch Henrik Paulitz zeigt die Perfidität der Kampagnen auf, mit denen die letzten Jahre immer wieder erfolgreich die Energiewende in falsche Bahnen gelenkt wurde. Von der «Desertec», die Wüstenstromphantasie der Großkonzerne, über die Vorhersage von »Blackouts»bei der Stromversorgung bis hin zur Unbezahlbarkeit der Erneuerbaren wurden und werden immer wieder neue Debatten angezettelt. Sie sollen von den eigentlichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten ablenken. Vor allem aber die Gründe der Energiewende – die grundlegende Gefährdung aller Lebensmöglichkeiten auf der Erde – werden immer wieder »vernebelt».

Der Entmutigung entgegenwirken

Anschließend stehen drei genossenschaftliche Unternehmen im Mittelpunkt der Darstellung. Auf den ersten Blick unterscheiden sie sich elementar. Tatsächlich geht es aber immer um das Thema Kooperation. Zusammenarbeit mit Projektierern und mit anderen Energiegenossenschaften ist der Schlüssel, um Überforderung und Risiken zu verringern. Die Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal macht vor, wie durch planvolles Vorgehen, frühzeitige Einbindung von Bürgern und die Zusammenarbeit mit einem Projektierer vor Ort der Einstieg in die Windkrafterzeugung möglich ist.

Die beiden anderen Ansätze, die Regionalentwicklungsgenossenschaft Baden-Württemberg (REGE BW) und die EGBB Energiegenossenschaft Berlin-Brandenburg setzen stärker auf eine Zusammenarbeit mit anderen Energiegenossenschaften. Sie leisten hier Pionierarbeit, wird doch die Weiterentwicklung der Energiegenossenschaften mittelfristig nur über solche Kooperationsmodelle gelingen. Die Energiegenossenschaft Berlin-Brandenburg plant den Aufbau einer eG & Co. KG, also die Verknüpfung einer Genossenschaft mit ein oder mehreren Kommanditgesellschaften. Damit wird den verbreiteten Pseudobürgerbeteiligungsmodellen in Form der GmbH & Co. KG eine von den Bürgern kontrollierte Alternative entgegengesetzt.

Der Ausklang erfolgt mit praktischen Hilfen. Handlungsanleitungen in Form von Literatur und Informationen über eine Tagung. Auf der Veranstaltung in Essen wird vom 5.-7. März 2014 Energiegenossenschaften das notwendige Praxiswissen zur Verfügung gestellt. Beides rundet den Schwerpunkt zum Handeln wider der Resignation ab.


Aus dem Inhalt


Ein Kongress fordert: Care Revolution

Die Aktionskonferenz vom 14.-16. März in Berlin sucht nach Formen eines solidarischen Lebens. Allen soll es möglich sein, miteinander auszuhandeln, wie sie leben und arbeiten wollen.
Wie können kooperative Lösungen aussehen?
Eine Tagung, die feministische Theorien aufgreift und zum Mitmachen und Handeln einlädt.

Halle im Wandel

Gelände des alten Schlachthof in Halle, Foto: privat

Auf dem Gelände eines zentral gelegenen ehemaligen Schlachthofs werden Visionen einer offenen Nachbarschaft praktiziert. Nachhaltigkeit und solidarisches Miteinader sind hierbei zentral.

Dresden gegen Naziaufmärsche

"Come together. Dresden und der 13. Februar", Regie: Barbara Lubich, D 2012, Foto: privat

Unsere Artikel beleuchten unterschiedliche Aspekte der Dresdner Geschichte und positionieren sich gegen eine rechte Vereinnahmung der Vergangenheit. Sichtbar wird, wie es einem breiten Bündnis linksradikaler und breiter gefächerter gesellschaftlicher Kräfte gelingen kann, Grabenkämpfe zu überwinden und gemeinsam Naziaufmärsche zu verhindern.

Grauzonen

Handelt es sich bei der Band Frei. Wild um eine Gruppe, die rechte Positionen propagiert?

Eine Nazi-Band?

Genossenschaftsverbund Mondragon

Foto: LANKI-Institut

Der genossenschaftliche Konzern im spanischen Baskenland hat mehr als 80 000 Beschäftigte. Im Dezember berichteten Referenten der Universität Mondragon in Berlin von der Arbeitsweise des Genossenschaftsverbunds, hierbei wurde die Vielschichtigkeit der Organisation deutlich, auch internationale Aspekte wurden diskutiert.

Übernahme durch die ArbeiterInnen

Eine internationale Konferenz in Marseille behandelte die Frage, wie ArbeiterInnen in Zeiten der Wirtschaftskrise ihre Betriebe selbstorganisiert weiter führen können. Ein Vorbild hierfür sind die zahlreichen Projekte in Argentinien, die diesen Weg gewählt haben. Vorhergehende Konferenzen fanden in Lateinamerika statt.

Gandhis unbekanntes Konzept

Foto: privat

Das alternative ökonomische Modell Gandhis das constructive programme ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Doch kann es für die Probleme der Gegenwart relevante Lösungsansätze bieten, die auch für die Transformation von Industriestaaten nutzbar sind.

Dezentrale Organisationsformen und ökologische Aspekte spielen eine wichtige Rolle in Gandhis Modell.

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