351, Dezember 2013: Alle könnten Flüchtlinge sein

Flüchtlingsproteste und Solidarität

Das Mittelmeer wird zum Meer des Todes. Die EU nimmt in Kauf, dass Flüchtlinge an ihren Außengrenzen sterben. Die Festung Europa kostet jedes Jahr Tausenden das Leben. Die Katastrophen der letzten Monate, der Untergang der Schiffe der Flüchtlinge, die in Europa ein besseres Leben suchten, waren noch vor kurzem in den Schlagzeilen. Im Moment, es scheint derzeit keine Tragödien größten Ausmaßes zu geben, nimmt die Berichterstattung wieder ab, das Interesse der Öffentlichkeit richtet sich wieder auf andere Themen, business as usual.

Von Antonia Schui/Redaktion Berlin

Die Erfahrung, verfolgt zu werden, auf der Flucht zu sterben, nirgendwo Aufnahme zu finden oder ohne Papiere in einer feindlichen Umgebung zu leben ist jedoch nicht nur den „Anderen“, Menschen aus fernen Kontinenten, vorbehalten. Verfolgung und Vertreibung haben auch die europäische Geschichte geprägt, bis heute gibt es starke Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden Jüdinnen und Juden verfolgt und in Konzentrationslagern oder bei Massenerschießungen getötet. Viele der sechs Millionen Ermordeten hatten sich vor der Verfolgung nicht als jüdisch verstanden.

Auch Sinti und Roma, sogenannte Geisteskranke und „Asoziale“ sowie Menschen, die man mit einem rosafarbenen Winkel stigmatisierte, wurden während des Nationalsozialismus ermordet.

Einem Teil der verfolgten Personen gelang die Flucht, andere tauchten unter und überlebten mit falschen Papieren. Manche Staaten gewährten den Asylsuchenden, die Möglichkeit einzureisen und sich eine Zukunft aufzubauen. Diejenigen, die in die Illegalität gezwungen waren, überlebten, weil sich Nicht-Verfolgte solidarisch zeigten und sie unterstützen - im Wissen, dass sie sich durch ihr Handeln selbst in Lebensgefahr begaben.

Aktuelle Prozesse der Flucht, Vertreibung, Ausgrenzung und Diskriminierung von Flüchtlingen lassen sich sicherlich nicht mit der Verfolgung im Nationalsozialismus gleichsetzen.

Deutlich wird jedoch: Flucht und Vertreibung sind Erfahrungen mit denen ein jeder Mensch konfrontiert werden kann. Kriterien für eine vermeintliche Minderwertigkeit, die Diskriminierung, Verfolgung und Ausgrenzung rechtfertigen, sind leicht konstruiert, Rassismus prägt das vorherrschende Denken und die Gesetzgebung.

Dem gilt es eine aktive Solidarität mit Flüchtlingen entgegen zu setzen.

Die Beiträge des Schwerpunkts zeigen vielfältige Ansätze und Projekte, die in diesem Sinn handeln. Es wird deutlich, wie mensch auf unterschiedlichen Ebenen solidarisch sein kann. Sichtbar werden auch Projekte von und für Flüchtlingsfrauen. Auch wenn Flüchtlingsfrauen noch stärker als Männer von unterschiedlichen Formen der Diskriminierung betroffen sind, so lassen sie sich doch nicht auf einen Opferstatus reduzieren. Sie organisieren sich miteinander und kämpfen, auch gemeinsam mit internationalen Aktivistinnen, für ihre Rechte.

Schwerpunktbeiträge Dezember 2013

Ein Interview mit Bethi Murithi: women in exile - Flüchtlingsfrauen werden laut

Die Gruppe “Lampedusa Hamburg” fordert ein Aufenthalts- und Arbeitsrecht in Deutschland von Pia Kühnemann

Ein paar Beispiele für Flüchtlings-Unterstützung von Elisabeth Voß

International Women Space feiert den 1.Geburtstag von Denise Garcia Bergt - Englischer Originaltext online

Entlassen wegen positiver Einstellung zu Flüchtlingen von ELisabeth Voß


Aus dem Inhalt:


Hamburg: Riot-Couture aus der Roten Flora

Foto: Animallibn-flickr

Im Hamburger Schanzenviertel rumort es. Das dortige, seit 24 Jahren besetzte autonome Zentrum Rote Flora befürchtet einen neuen Verkaufsversuch des Besitzers. Jetzt veranstaltete die Solidaritätskampagne "Flora bleibt unverträglich" eine "Autonome Modenschau" in Pöseldorf, einem Stadtteil der Reichen Hamburgs.

Mondragón – humanity at work

Foto: LANKI-Institut

Auf der Doppelseite gibt es ein ausführliches Interview mit Ainara Udaondo and Frederick Freundlich von der Universität Mondragón zu aktuellen Fragen, Problemen und Herausforderungen des Genossenschaftsverbundes.

Langfassung des Interviews online

Elevate Festival 2013: Das Private ist politisch!

Diskussion über Open Hardware und Open Design, Foto: Jakob Isselstein

Das neunte Elevate Festival im Grazer Forum Stadtpark stand unter dem Motto „Open Everything?“ und thematisierte die Ambivalenz der neuen Technologien. Sie ermöglichen einerseits eine Demokratisierung von Wissen und eine Dezentralisierung der Produktion in bisher ungekanntem Ausmaß, gleichzeitig sind sie effektive Instrumente umfassender Überwachung.

Windenergiegenossenschaften

Mitglieder der Energiegenossenschaft Starkenburg vor WindSTARK1, Foto: Energiegenossenschaft Starkenburg eG

Die Gründung von Windenergiegenossenschaften, an denen alle Mitglieder gleichermaßen beteiligt sind, sind selten. Andere Formen der Energiegenossenschaften werden genutzt.

Fahrradkurrierkollektiv Fahrwerk

Fahrwerk, Foto: G. Lo Curto

Berlins einziges Fahrradkurrierkollektiv Fahrwerk hat keinen leichten Stand.

Landwirtschaft

Bienenstöcke in der Stadt, Gemeinschaftsgärten im Hinterhof und Bauernhöfe im Kollektivbesitz – das Interesse an solidarisch produzierten Nahrungsmitteln wächst.

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