Kooperativen mit solidarischem Handel unterstützen

Foto: Ethiquable

Kaffee aus dem Kongo, Kakao aus Haiti und Kochbananen aus Ecuador: Die Berliner Genossenschaft Ethiquable Deutschland eG arbeitet weltweit mit kleinbäuerlichen Kooperativen zusammen, um deren Bio-Produkte in Deutschland zu verkaufen und Zukunftsperspektiven für Kleinbauern zu schaffen. Sie betreibt solidarischen Handel mit demokratisch organisierten Produzentengruppen und versucht dabei, bewährte Prinzipien der Partnerkooperativen im Süden nach Deutschland zu übertragen.

Jens Klein, Redaktion Genossenschaften

Die Ethiquable Deutschland eG wurde 2009 als Mitarbeitergenossenschaft in Berlin gegründet. Das Kapital des Unternehmens halten die Genossenschaftsmitglieder und Entscheidungen werden demokratisch in der Generalversammlung getroffen. Wenn Mitarbeiter als Genossenschaftsmitglieder den Vorstand selbst wählen, ändert sich das Arbeitsklima dadurch nachhaltig. Flache Hierarchien sind bei Ethiquable seit einigen Jahren selbstverständlich. Durch die Organisationsform werden sie nicht nur gelebt, sondern sind letztlich auch per Satzung manifestiert.

Genossenschaft der Mitarbeitenden

Mit einem internationalen Team von derzeit acht Mitarbeitern arbeitet Ethiquable mit einer dezentralen und sehr flexiblen Struktur daran, den Absatzmarkt für biologisch angebaute und fair gehandelte Lebens- und Genussmittel kleinbäuerlicher Produzenten zu erweitern. Das rund 60 Artikel umfassende Sortiment wird bundesweit in mehr als 500 Lebensmittelgeschäften sowie in vielen Bio- und Weltläden verkauft. Ethiquable begreift sich jedoch nicht bloß als Händler, sondern auch als Teil einer zivilgesellschaftlichen Bewegung. »Wir wollen langfristige Perspektiven für Kleinbauern in aller Welt schaffen«, sagt Vorstand Klaus Kruse. Der Schutz ursprünglicher Sorten, die Artenvielfalt und gerechte Preise weit oberhalb der Börsenpreise sind einige, aber nicht die einzigen Bausteine dafür.

Dass Ethiquable selbst als Genossenschaft organisiert ist, unterstreicht die Überzeugung des gesamten Teams, dass auch im Welthandel solidarische Ansätze die einzig tragfähigen sind. Die Ethiquable-Gründer haben selbst einige Jahre als Entwicklungshelfer in Ecuador gelebt und in vielen Ländern Lateinamerikas die immense gesellschaftliche Bedeutung des Genossenschaftswesens gesehen. Diese Strukturen zu unterstützen und auch in Europa konsequent zu leben, ist Überzeugungssache.

Für Ethiquable kann es keinen Fairen Handel ohne biologische Landwirtschaft und keine biologische Landwirtschaft ohne faire Handelsbedingungen geben. Nur im Zusammenspiel können beide Konzepte ihre volle Wirkung entfalten. Die Genossenschaft aus Berlin setzt sich für Kleinbauern ein, die ihre Parzellen ökologisch bewirtschaften und mit ihrer Arbeit ein auskömmliches Leben führen können.

Umfassender ethischer Anspruch

Die Zusammenarbeit mit Plantagen ist für die Genossenschaft tabu. Denn nur die kleinbäuerliche Agrarwirtschaft ist nach Ansicht des Ethiquable-Teams in der Lage, traditionelles Know-how und die genetische Vielfalt durch Mischkulturen und Agroforstsystem aufrechtzuerhalten. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit mit Fonmsoeam in Ecuador. In der Provinz Esmeraldas, die in der schwer zugänglichen Zone der Mangrovenwälder im Nordwesten des Landes liegt, gibt es kaum noch intensiven Kakaoanbau. Lediglich die Kakaosorte Nacional wird dort noch kultiviert.

Jeder Produzent des Zusammenschlusses Fonmsoeam besitzt zwischen zwei und fünf Hektar Land, auf dem sowohl Kakaobäume als auch Obstbäume wachsen. Natürliche Waldgebiete erstrecken sich über weite Teile der Grundstücke und sorgen so für eine besonders hohe Biodiversität. Die Fruchtbarkeit ist durch den natürlichen Aufbau des Agroforstsystems gewährleistet, sodass keinerlei Düngemittel erforderlich sind. Die Kakaosorte Nacional ist nicht ansatzweise so ertragreich wie moderne Kakaosorten. Da Ethiquable der Kooperative für ihren Kakao einen Preis weit über dem Weltmarktniveau zahlt, können die Bauern dennoch daran festhalten, ihren Kakaoanbau in Harmonie mit dem Wald fortzusetzen.

Wertschöpfung im Ursprungsland

Ein ganz besonderes Anliegen ist Ethiquable bei der Entwicklung neuer Produkte die Wertschöpfung vor Ort. Denn auch der Faire Handel ist häufig vor allem ein Handel mit Rohstoffen. Ethiquable hat es jedoch mehrfach geschafft, die Wertschöpfung im Ursprungsland zu erhöhen. So werden zum Beispiel Kochbananenchips aus Ecuador, Kartoffelchips aus Peru sowie Vollrohrzucker aus Peru direkt im Ursprungsland weiterverarbeitet und fertig verpackt.

Ein Paradebeispiel dafür ist Agropia. Seit März 2016 produzieren die Mitarbeiter von Agropia auf 3.000 Metern Höhe in den peruanischen Anden aus den Kartoffeln der knapp 100 Genossinnen und Genossen eigene Chips. Die kleinbäuerlichen Produzenten haben sich dem Erhalt der Sortenvielfalt verschrieben und kultivieren auf ihren kleinen Parzellen Dutzende alter Kartoffelsorten. Rote und blaue, kleine und große, runde und ovale: Bei Agropia wird deutlich, was Sortenvielfalt bedeutet.

Doch auch mit den verrücktesten Kartoffeln lässt sich nur schwer Geld verdienen. Agropia hat in Zusammenarbeit mit der französischen Nichtregierungsorganisation »Agronomes et Vétérinaires Sans Frontières« und Fairhandelsakteuren wie der Genossenschaft Ethiquable deshalb ein Konzept entwickelt, die Ernte der Kleinbauern dennoch vermarkten zu können und somit deren Lebensverhältnisse nachhaltig zu verbessern. Im Vergleich zum reinen Rohstoffhandel verbleibt nun ein wesentlich größerer Anteil der Wertschöpfung im Ursprungsland und es wurden auch jenseits des Agrarsektors qualifizierte Jobs in einer strukturschwachen Region geschaffen.

Europäischer Kooperationsansatz

Solche Projekte lassen sich realisieren, weil Ethiquable auf einem europäischen Ansatz basiert. Die erste Mitarbeitergenossenschaft für Fairen Handel entstand in Frankreich und wickelt nach wie vor für die Ethiquable-Genossenschaften in Belgien, Spanien und Deutschland die gemeinsamen Importe ab. Für die Produzentenkooperativen in aller Welt bedeutet dies, dass sie durch die Zusammenarbeit mit Ethiquable in mehreren Ländern Europas gleichzeitig präsent sind.

Produktüberblick: ethiquable-shop.de

Mailingliste

Einfach hier eintragen:
lists.contraste.org/sympa/info/contraste-liste

Die Umgangsfomen zwischen den NutzerInnen dieser Liste haben wir in einer Netiquette festgelegt.


Schnupperabo

CONTRASTE kann einmalig zum Sonderpreis von 9 € drei Monate lang "beschnuppert" werden. Dieses Schnupperabo endet automatisch und muss nicht gekündigt werden. Hier bestellen ...


Lest Contraste

CONTRASTE kostet im Abo 45 Euro (europ. Ausland 51). Oder Ihr könnt Fördermitglied werden: Mindestbeitrag 70 Euro. Hier abonnieren oder beitreten.


Lexikon der Anarchie

Was bedeutet eigentlich Selbstverwaltung?
Hier könnt ihr es nachlesen.