It's Teatime

Die »Union Coop // Föderation« (Union Coop) ruft zum Teekauf der französischen Arbeiter*innenkooperative »SCOP -TI« auf. Mit Hilfe eines Webshops und koordinierten Großbestellungen wollen sie die Marken 1336 und Bio SCOP-TI anbieten, um die von den Arbeiter*innen übernommene und selbstverwaltete Teefabrik zu unterstützen. SCOP-TI kann seine neuen Marken nicht schnell genug etablieren.

ULRIKE KUMPE, BERLIN

Mit einem Aufruf richtete sich die Berliner Union Coop zunächst an Wiederverkäufer*innen und Großabnehmende, um eine Bestellung in ausreichend großer Menge zusammen zu bekommen. Diese erste Bestellung konnte Union Coop erfolgreich umsetzen: »Es gab ausreichend Bestellungen um einen soliden Start mit ein paar Paletten zu haben«, berichtet Vinz von Union Coop und fügt hinzu: »Wir wollten durch einen Sockel an Vorbestellungen sicherstellen, dass es eine engagierte Zahl von Gruppen und Läden gibt, die das mit anschieben. Den Rest haben wir auf Vorrat bestellt und werden das in Zukunft selbst vorfinanzieren.« Auch den Einzelverkauf haben sie über ihren Webshop begonnen. Die Union Coop // Föderation ist ein engagierter Zusammenschluss einzelner Kollektivbetriebe in Berlin mit gewerkschaftlicher Organisierung in der Freien Arbeiter*innen Union (FAU).

Zusammen mit vio.me und anderen Betrieben hatten sie im Oktober 2016 bei einem Treffen in Thessaloniki über das Problem der Marktetablierung ihrer jungen Marken beraten. Auch SCOP-TI hat dieses Problem. Sie haben bei ihrem langen Kampf gegen Unilever fast alles gewonnen, nur die Übernahme der etablierten Marke L'éléphant nicht. Auch darum hatten sie gekämpft. Eine neue Marke zu etablieren, ist aufwendig und teuer. Doch an diesem Punkt bekam Unilever Recht und SCOP-TI musste eine eigene Produktionslinie entwickeln. Diese ist neben 1336 nun ganz schlicht SCOP-TI wie  der Name der Kooperative: Société Coopérative Ouvrière Provençale de Thés et Infusions. Neben dem Etablieren der Marke hat SCOP-TI außerdem das Problem, dass sie etwas über dem durchschnittlichen Teepreis der etablierten Marken großer Konzerne liegen. Die Gründe für ihre höheren Preise liegen auf der Hand: gute Arbeitsbedingungen, eine möglichst regionale Produktion und einen fairen Preis für die Produzenten ihrer Rohstoffe.

Von fralib zu SCOP-TI

1336 heißt eine Produktlinie bei SCOP-TI. Benannt ist sie nach den 1.336 Tagen des Streiks, der Besetzung des Werks und den juristischen Auseinandersetzungen mit dem Konzern Unilever. 58 der ursprünglich 182 Angestellten des Werks, das damals noch fralib hieß, hielten durch und erkämpften sich in diesen vier Jahren die Fabrik. Die in der Nähe von Marseille gelegene Teefabrik in Génemos ist deshalb heute selbstverwaltet. Am 30. Mai 2014 kam die gute Nachricht. Unilever gab die Fabrik endgültig auf und stimmte einem Übernahmeabkommen für das Werk zu. Neben den Abfindungen an die Arbeiter*innen musste sich Unilever bereit erklären, 20 Millionen Euro für die Wiederaufnahme der Produktion und die Umwandlung in eine Arbeiterkooperative (SCOP) bereitzustellen.

Die Zustimmung von Unilever zum Übernahmeabkommen war der Hartnäckigkeit der Arbeiter*innen geschuldet, die zusammen mit der französischen Gewerkschaft CGT immer wieder juristisch und politisch Druck machten. Alle von Unilever vorgelegten »Sozialpläne« wurden von den französischen Gerichten als unzulässig kassiert und zwangen Unilever am Ende der Auseinandersetzungen wieder an den Verhandlungstisch. Bereits 2010 sollte das Werk samt Maschinerie nach Polen verlegt werden. Da bereits der erste »Sozialplan« vom Gericht für ungültig erklärt wurde, zog sich die Schließung des Werks. 2011 folgten dann die Kündigungen und die Arbeiter*innen besetzten die Fabrik. Zu einer erneuten Besetzung kam es 2012, als der Betriebsrat erfuhr, dass die Maschinen abtransportiert werden sollten. Danach ließen die Arbeiter*innen die Fabrik nicht mehr aus den Augen. Und wurden am Ende dafür belohnt, mit einem Betrieb in Selbstverwaltung.

Es fehlen die Vertriebswege

Auf dem 2. Euromed Workers Meeting in Thessaloniki im Herbst 2016 (Contraste Nr. 387) kamen selbstverwaltete Betriebe zusammen und diskutierten die drängende Frage nach Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte. Es wurde die Frage nach einem gemeinsamen europaweiten Vertriebsnetz sowie eines gegenseitigen Hilfsfonds aufgegriffen und intensiv besprochen. Dabei wurde deutlich, dass es europaweit an wirtschaftlich stabilen, linken Vertriebswegen mangelt. Daran anknüpfend wurde die Frage diskutiert, wie bestehende Kapazitäten wirtschaftlich sinnvoll genutzt und gebündelt werden können, unabhängig von kurzlebigen Solidaritätsaktionen, die ebenso von haufenweise unbezahlter Arbeit abhängen. So hat eine Fabrik vielleicht ausreichende Lager- und Logistikstrukturen, während andere Betriebe vielleicht über technisches KnowHow und Vertriebsstrukturen verfügen. Auch wurde kontrovers diskutiert, welche Art von Betrieben überhaupt über entsprechende Gemeinsamkeiten verfügen und bereit sind, sich zusammenzuschließen, reflektiert Vinz die Diskussionen vom Euromed. Auch in der Union Coop haben sie sich mit diesen Fragen beschäftigt:

»Seitdem haben wir die ursprüngliche Idee aufgegriffen und kurzerhand ein neues Kollektiv innerhalb der Union Coop gegründet, um diesen Vertrieb für Deutschland mit zu organisieren«, sagt Vinz. Ihr Schwerpunkt soll dabei auf einigen Produkten ähnlich gesinnter Betriebe liegen: besetzten/angeeigneten Betrieben und gewerkschaftsnahen Kooperativen, die sich den Prinzipien von Solidarität und Selbstverwaltung verpflichtet haben.

Tee-Bestellungen unter: www.union-coop.org/shop

Infos unter: www.union-coop.org

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