Vom Ich zum Wir: Schwarmintelligenz für plattformbasierte Genossenschaften

Grundeinkommen, Bürgerbeteiligung, Foodsharing und Ökodörfer sind gängige Begriffe der Wandelbewegung. Sie benötigt ein solidarisches funktionierendes Gegenmodell zum Silicon Valley. Die Wandelbewegung muss lernen, sich zu professionalisieren und sich auf der Metaebene zu organisieren, die nicht innerhalb, sondern außerhalb der bestehenden Systemschranken operiert. Wichtig ist es, sich so zu organisieren, dass keine Grenzen mehr vorhanden sind zwischen Konsument und Produzent, zwischen Politik und Wirtschaft, zwischen Stadt und Land: die Disziplinen verschmelzen miteinander.

Peter Hartmann, Redaktion Genossenschaften

Teile der Degrowth-Bewegung haben erkannt, dass die Nachhaltigkeitsbewegung zu einer Gestaltungsbewegung werden muss. Klassische Institutionen von Staat und Markt könnten dann von einer kollaborativen Netzwerkökonomie abgelöst werden, in der klassische Jobs und herkömmliche Massenproduktion der Industriegesellschaft verschwinden: weg vom rein expansiven Wirtschaftswachstum, hin zu qualitativem Wachstum. Kollektive Ressourcen werden dann darauf ausgerichtet, urbane Infrastrukturen, aber auch beschädigte Ökosysteme, von innen heraus mithilfe von disruptiven Innovationen zu erneuern.

Bisherige politische und wirtschaftliche Institutionen werden bei einem solchen Ansatz abgelöst von einer genossenschaftlich organisierten Postwachstumsökonomie. NGOs, grüne Startups und Forschungsprojekte kooperieren dann in agilen Projektcommunities, die sich mithilfe von digitalen Währungen (z.B. FairCoin, Bancor Network Token, Ethereum Project) organisieren und global sowie lokal eine kollaborative Netzwerkökonomie etablieren.

Diskursauftakt D2030 Zukunftskonferenz

Die D2030 Zukunftskonferenz im Juli 2017 war ein gelungener Auftakt für einen wichtigen Diskurs zur Zukunft Deutschlands. Sie möchte Orientierung für all jene schaffen, die sich für eine ökosoziale, vernetzte Gesellschaft in unserem Land einsetzen. Präsentiert wurde von den Initiatoren der D2030-Initiative eine Landkarte der Zukunft, auf der mögliche Zukunftsszenarien für Deutschland für das Jahr 2030 aufgezeigt wurden. Vier Arbeitsgruppen widmeten sich wichtigen Zukunftsfragen: »Wie kann ein spezifisch deutscher Weg aussehen, der globale Offenheit mit Nachhaltigkeit verknüpft?« Die mit dem Publikum erarbeiteten Lösungsansätze sollen einfließen in ein gemeinsam formuliertes Memorandum für eine Postwachstumsgesellschaft für Deutschland im Jahr 2030.

Prof. Dirk Helbing, prominenter Gast der D2030 Zukunftskonferenz, nannte Schlagwörter wie Open Innovation, Open Data und Open Source. Unterschiedliche Bereiche wie Verwaltung, Wissenschaft und Ökonomie, die heute noch weitgehend getrennt voneinander sind, verschmelzen zu einem kollektiven Innovationsökosystem. Von daher bedarf es einer Open Government-Strategie für Deutschland auf Bundes- und auf lokaler Ebene. Diese soll helfen, eine andere Politiklandschaft zu etablieren, die Bottom-up von der Zivilgesellschaft getragen wird. Die politischen Vertreter von heute sind im weitgehendsten Sinne Juristen und Volkswirte, die sich mitunter jahrzehntelang in ihrer Position halten. In Zukunft könnten diese Aufgabe von Soziologen, Ökologen, Künstlern, Philosophen und Zukunftsforscher übernommen werden, die direkt per Volksabstimmung gewählt werden.

Innovationen durch kooperative Netzwerke

Das Modell einer tragfähigen Open-Government-Strategie will die D2030 Initiative im Zuge eines partizipativen interdisziplinären Diskurses bis 2021 erarbeiten. Die Zivilgesellschaft gestaltet sich in deren Vision zunehmend in plattformbasierten Genossenschaften. Dies sind kooperative Netzwerke, die sich mit Hilfe digitaler Währungen organisieren. Sie erfinden ganze Wertschöpfungsketten neu, entwickeln Innovationen und gestalten regionale Wirtschaftskreisläufe. Die neu entstehenden kooperativen Strukturen machen privaten und kommunalen Unternehmen zunehmend Konkurrenz, auch den Technik-Größen im Silicon Valley.

Ziel ist, dass die Akteure der Wandelbewegung, die heute überwiegend noch ehrenamtlich organisiert sind, zu den Begründern einer genossenschaftlich organisierten Postwachstumsökonomie werden. Im Gegensatz zur Gegenwart, in der Kräfte und Ressourcen in die Systemerhaltung und ein expansives Wachstum gesteckt werden, schaffen plattformbasierte Genossenschaften dezentrale Produktionsnetze, sanieren die Umwelt und entwickeln neue Bildungssysteme. Mit der Zeit entsteht so eine kollektive Schwarmintelligenz, die weitaus effektiver und agiler funktioniert als die heutige Marktwirtschaft. Was dann alles möglich werden kann, beschreibt Christian Schwägerl in seinem bereits 2010 erschienen Buch »Menschenzeit: Zerstören oder gestalten?«

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