WEGWARTE EG, SALEM


Hofgemeinschaft in Salem am

 

Bodensee


Die Gemeine Wegwarte ist eine ausdauernde, krautige Pflanze. Sie gilt als eine Pionierpflanze und ist ein Tiefwurzler, und sie ist Namensgeber der Wegwarte Hofgemeinschaft in Salem. Die Wegwarte eG stellt die wirtschaftliche Basis der Wegwarte Hofgemeinschaft dar. Ziel der Genossenschaft ist die Entwicklung von gesundem, ökologisch orientiertem Wohn- und Lebensraum für Menschen verschiedenen Alters und der Aufbau einer solidarischen Landwirtschaft.

Von Angela Schindler, Redaktion GenossenschaftenlIm April 2014 war es soweit, ein Gutteil der Wohnungen im Neubau des Hofes der Wegwarte eG in Salem war einzugsbereit. Erst gut ein Jahr zuvor - am 01.01.2013 - wurde der ehemalige Aussiedlerhof am Martinsweiher im Ortsteil Mimmenhausen von der damals noch in der Gründungsphase befindlichen Genossenschaft erworben. Die ersten Mitglieder der Genossenschaft hatten sich ebenfalls erst im Jahr 2012 aus verschiedenen Regionen Deutschlands und in bunter Vielfalt zusammengefunden. Nach nun weiteren anderthalb Jahren am neuen Wohnort ist die Anzahl der wohnenden Genossen auf zehn Erwachsene und vier Kinder angewachsen. Damit sind nun alle Wohnungen belegt.

Gemeinschaftliches Wohnen

Die Menschen haben sich weitgehend über den Hof gefunden und sich meist nach relativ kurzer Kennenlernphase füreinander entschieden. Durch die Form der Genossenschaft sind viele formale und organisatorische Aspekte transparent und in bewährter Weise bereits vorgegeben. Die solidarische Idee ist der Kerngedanke des Genossenschaftswesens und ist damit eine sehr gute Organisationsform für gemeinschaftliches Wohnen. Gleichzeitig bietet sie die Möglichkeit Geschäftseinlagen (=Genossenschaftsanteile) zu verkaufen und so eine große Investition wie den Kauf eines Hofes zu finanzieren.

Die Satzung der Genossenschaft, bei der alle zur Gründung bereiten Menschen mitgewirkt haben, erlaubt eine Verfeinerung der im Gesetz niedergelegten Regeln und eine Betonung von wesentlichen Merkmalen. Es wird in der Wegwarte zwar stets angestrebt Entscheidungen im Konsens zu fällen; um die Handlungsfähigkeit der Genossenschaft jedoch möglichst nicht zu blockieren, wurde in der Satzung der Zwang zum Konsens nur für die Aufnahme von neuen wohnenden Mitgliedern festgeschrieben. Dieses Vorgehen hat sich in den ersten Jahren der Praxis und insbesondere bei der Vielzahl der Entscheidungen in der Bauphase bewährt.

Solidargemeinschaft teilt Risiken

Die Hofstelle liegt idyllisch im Außenbereich. Damit verbunden sind behördliche Auflagen, z.B. dass die Baugenehmigung nur erteilt wurde unter der Auflage, dass am Hof auch Landwirtschaft betrieben wird. Neben dem Erwerb der Hofstelle hat die Genossenschaft also auch zwölf Hektar Acker- und Wiesenflächen gepachtet. Diese wollen bestellt und bearbeitet werden. Eine Familie am Hof hat in Form einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) den landwirtschaftlichen Betrieb aufgenommen und wird nun schrittweise den Betrieb erweitern und die Fläche bestellen.

Eine große Herausforderung in der Landwirtschaft heute ist die Vermarktung der Produkte. Im Sinne einer solidarischen Ökonomie wird die Ernte nun über eine Solidargemeinschaft von Gemüseabnehmern vermarktet. Dies ermöglicht reelle Lebensmittelpreise, verteilt das Risiko schwankender Ertragsmengen auf viele Schultern und ermöglicht das Überleben eines kleinen Gärtnerbetriebs ohne industrielle Produktionsweise.

Initiative der Bauern

Nicht wie sonst meist üblich, ging die Initiative zur Gründung der solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) bei der Wegwarte von den Bauern und nicht von Verbraucherseite aus. Die ersten Abnehmer waren selbstverständlich die am Hof lebenden Menschen, die außerhalb der Landwirtschaft ihre Berufstätigkeit ausüben. Nach Mitgliederwerbung durch verschiedene Veranstaltungen am Hof, Verteilung von Flyern und Mund-zu-Mund-Propaganda wurde im Herbst 2013 der Verein SoLaWi Wegwarte e.V. gegründet.

Prinzipiell ist auch eine Interessengemeinschaft, d.h. eine Gruppe von Menschen ausreichend, ohne dass es der formalen Struktur eines Vereins bedarf. Die Gründungsgruppe sieht jedoch durch die Form eines Vereins einige Vorteile: Die Form des Vereins erfordert einen Vorstand, der die Gruppe moderiert und mit einer Stimme für die Abnehmer sprechen kann. Dies ist längerfristig eine sinnvolle Einrichtung, insbesondere wenn die Anfangseuphorie der Initiatoren verflogen ist. Die Bauern haben einen Ansprechpartner zur Klärung von alltäglichen kleinen Entscheidungen, ohne dass stets alle Mitglieder einzeln befragt werden müssen.

Finanzierung über Kostenumlage

Da eine solidarische Landwirtschaft nicht als Gewerbe mit Gewinnmaximierung betrieben wird, ist die einfach zu gründende und zu verwaltende Organisationsform eines Vereins ausreichend. Die Finanzierung erfolgt über die Umlage der Fix- und Betriebskosten. Der Betrieb startet in 2015 mit 20 Ernteanteilen. Damit der landwirtschaftliche Betrieb später Lebensgrundlage für eine Familie werden kann, soll die bestellte Fläche schrittweise erhöht werden. Die Sommersaison umfasst ca. 20 Wochen. Je Ernteanteil liegt der Kosten-Beitrag je Woche bei (gerade einmal) 25,- EUR. Dafür gibt es pro Woche ausreichend Gemüse, von dem zwei Personen satt werden.

Die Ernte wird als Gesamtheit mit einer Rechnung an den Verein verkauft. Die Vereinsmitglieder organisieren die Verteilung untereinander, ohne dass die Bauern mit jedem Abnehmer Einzelvereinbarungen treffen müssen. Letzteres würde Zeit kosten, die die Bauern lieber auf dem Feld verbringen. Die landwirtschaftliche GbR ist wiederum Mitglied in der Genossenschaft. Dadurch sind alle Teilbereiche der Wegwarte miteinander verknüpft, jedoch kann jeder Bereich für sich selbständig agieren und die Finanzstrukturen sind transparent.

Erfolgreiche erste Erntesaison


Die erste Ernte wurde in diesen Sommerwochen vom Feld geholt. Gespannt kommen die Abnehmer der ersten Sommer-SoLaWi auf den Hof und lassen sich überraschen, welches Gemüse in ihre Kisten und Tüten wandert. Sicher ist: Die erste Hochrechnung der Bauern für 20 Ernteanteile in der Saison 2015 lässt alle Beteiligten satt werden! Beim Erntedankfest im Herbst soll dann die Werbetrommel gerührt werden, so dass sich im nächsten Sommer noch mehr Menschen aus der Umgebung bei der freiwilligen Mithilfe auf dem Feld kennenlernen und über die Ernte 2016 nutzen.l

Kontakt und weitere Informationen unter:

www.wegwarte-salem.de


Mailingliste

Einfach hier eintragen:
lists.contraste.org/sympa/info/contraste-liste

Die Umgangsfomen zwischen den NutzerInnen dieser Liste haben wir in einer Netiquette festgelegt.


Schnupperabo

CONTRASTE kann einmalig zum Sonderpreis von 9 € drei Monate lang "beschnuppert" werden. Dieses Schnupperabo endet automatisch und muss nicht gekündigt werden. Hier bestellen ...


Lest Contraste

CONTRASTE kostet im Abo 45 Euro (europ. Ausland 51). Oder Ihr könnt Fördermitglied werden: Mindestbeitrag 70 Euro. Hier abonnieren oder beitreten.


Lexikon der Anarchie

Was bedeutet eigentlich Selbstverwaltung?
Hier könnt ihr es nachlesen.