Die Auswirkungen des Klimawandels in El Salvador

Adios Kaffee-Arabica?

Die Kaffeekooperativen in El Salvador sind in ihrer Existenz bedroht. Die Ursachen sind der Klimawandel und daraus resultierend ein starker Pilzbefall durch den Roya-Pilz. Betroffen sind nicht nur Kooperativen. Insbesondere die SaisonarbeiterInnen haben keinen Lohn mehr.

von Jan Braunholz, Stadt Adios Arabica? Ganz so schlimm wird es nicht kommen, aber die Zukunft der tiefer gelegenen Kaffeeanbaugebiete im Osten El Salvadors sieht nicht gut aus. Die Kaffeeanbauer müssen sich dort neue Anbaustrategien überlegen. Für alle Anderen bedeutet es sehr großer Anstrengungen und Investitionen, um sich von der Roya-Pilz-Krise zu erholen. Unser Hauptlieferant, die Bio-Kooperative Las Lajas muss Renovierungskredite von der Banco Hipotecaria aufnehmen und hofft im Jahr 2024/25 die Krise bewältigt zu haben. Ihre Anbaukapazität reduzierte sich von früher etwa 25-30 Containern auf 5 bei der letzten Ernte 2014/15. An die MITKA (Wer ist die MITKA) und uns, der Kaffeekampagne El Salvador, werden davon dieses Jahr 3 Container geschickt.


Die am weitesten verbreitete Kaffeesorte in El Salvador ist Arabica. Die optimale Anbauhöhe für Arabica-Kaffee liegt derzeit im Bereich von 700-1700 Metern. Durch den Rückgang der Niederschläge, der Zunahme von Stürmen und dem globalen Temperaturanstieg wird der Kaffeeanbau zukünftig erst ab 1.000 Metern möglich sein. Insbesondere in den tieferen östlichen Regionen El Salvadors wie San Miguel und Usulutan müssen sich die Bauern Alternativen zum Kaffeeanbau suchen. CIAT (International Center for Tropical Agriculture) schlägt hier vor, längerfristig auf Orangen, Avocado, Mango, Hirse und Bohnen auszuweichen. In Chalatenango, La Libertad und Ahuachapan werden geeignete Arabica-Anbauflächen bleiben, wenn sich die Kaffeepflanzer an die sich verändernden Verhältnisse anpassen und ihr Agro-Management umstellen.

Ob die Umstellungen im Anbau ausreichen, muss sich erst zeigen. Einer Untersuchung des salvadorianischen Umweltministeriums MARN zufolge ist in den letzten 60 Jahren die Durchschnittstemperatur um etwa ein Grad Celsius gestiegen. In dieser Studie wird ein weiterer Temperaturanstieg von nochmals zwei bis drei Grad Celsius, prognostiziert, falls die Bemühungen greifen, den Temperaturanstieg einzudämmen. Außerdem gab es einen Anstieg des Meeresspiegels um 8 cm, mit schon jetzt erkennbaren starken Erosionsfolgen an den Küsten El Salvadors.

Bei den Niederschlägen stieg auch die Zahl der Stürme deutlich an. Gab es in den 60er/70er- Jahren jeweils nur einen tropischen Sturm, so waren es in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends schon acht. Sie kommen nun auch vom Pazifik und nicht mehr nur vom Atlantik. Die ökonomischen Folgen sind gravierend, insbesondere der Surm mit dem Namen 12E, der 2011 über El Salvador hinweg fegte, führte zu einer weiteren Ausbreitung des Roya-Pilzes. Allein bei der Ernte 2013/14 gab es laut PROCAFE einen Verlust von 117,8 Millionen US-Dollar für die Kaffeebauern (vergleiche Grafik Consejo Salvadoreno del Café: elmundo.sv/wp-content/uploads/2015/05/grafica5-300x247.jpg). In El Salvador haben zusätzlich die Dürren in den Monaten Juli/August der letzten zwei Jahre zu erheblichen Problemen bei der betroffenen Landbevölkerung geführt. Die Ernteverluste im Kaffeeanbau lagen bei bis zu 70 Prozent. Insbesondere die Kaffeeerntehelfer sind davon betroffen. Sie haben praktisch kein Einkommen mehr!

Das Welternährungsprogramm (WFP) hat im Dezember 2014 deshalb ein Nothilfe-Programm für etwa 37.000 betroffene Personen in El Salvador gestartet. Die Zahl der in Ernährungsunsicherheit lebenden Menschen wird mit 480.000 beziffert. Insgesamt sind in Mittelamerika ca. 2 Millionen Menschen betroffen, wovon nun 500.000 für 3 Monate mit 20 Millionen US-Dollar unterstützt wurden. Auch die salvadorianische Regierungs-Institution Conasan(Nationaler Beirat zur Lebensmittel-und Ernährungssicherheit) und die NGO Oxfam International stellen Hilfsmittel gezielt für die betroffenen Kaffeeerntehelfer zur Verfügung.


Auch im Kaffeeanbaubereich gibt es spezielle Hilfsprogramme, die dringend benötigt werden.

Die Regierung hat am 6. Februar 2015 einen nationalen Kaffeepakt (Pacto Nacional De Caficultura) iniziiert: Das Agrarministerium MAG unterstützt die von der Roya-Seuche betroffenen Kaffeeanbauer mit sieben Millionen pilzresistenten Kaffeesetzlingen. Die Gesamthilfe des MAG umfasst 8,6 Millionen US-Dollar für technische Assistenz und Fungizide. Einige der Bio-Kooperativen, wie Santa Adelaida, haben wieder angefangen mit nicht organischen Fungiziden zu spritzen und dadurch ihre Bio-Zertifizierung verloren. Es gibt zwar auch biologische Fungizide auf der Basis von Stab-Bazillen oder Mikroorganismen, aber wie erfolgreich sie gegen den Roya- Pilz sind, ist zur Zeit noch in der Erprobung. Einige Techniker meinen, sie seien nicht wirksamer als Caldo Bordelés, ein Kupfersulfat, welches im Bioanbau zugelassen ist.

Entscheidend für den zukünftigen Erfolg sind die Renovierungen der überalterten Cafetales mit Neuanpflanzungen, welche ausgesprochen kostenintensiv sind und gefördert werden müssen. 60 Prozent des Kaffeesektors sind betroffen, konkret ca. 130,000 Manzanas (1 Mz=0,7 Hektar) vom insgesamt ca. 218.000 Manzanas. Wenn man von einem Minimum von 4.000 US-Dollar Renovierungskosten pro Manzana ausgeht, wäre das ein Investitionsvolumen von 520 Millionen US-Dollar, um die Zukunft des Kaffeeanbaus in El Salvador zu sichern. Die vom MAG zugesicherten Hilfen für sieben Millionen Kaffeesetzlinge kosten ca. 3,4 Millionen US-Dollar und reichen für 2800 Manzanas. Eine Zusage von weiteren 25 Millionen Kaffeesetzlingen gibt es von ALBA-Alimentos (Wer ist das). Sie sollen über Kaffeeexporte nach Venezuela finanziert und verrechnet werden.

Der Investitionsbedarf ist also riesig und muss durch zusätzliche Kreditzusagen finanziert werden. Diese Kredite werden laut Aussagen von Präsident Salvador Sánchez Cerén von der Banco de Desarollo de El Salvador (BANDESAL) kommen. Spezielle Kreditlinien für Kaffeeanbau gibt es auch über die MAG assoziierten Banco Hipotecario und Banco de Fomento Agropecuario. Weitere Kredite könnten von NGOs kommen, wie z.B. Roots Capital aus den USA. Sie finanzieren weltweit mit 100 Millionen US-Dollar Renovierungsprojekte von Kaffeekooperativen, so zum Beispiel mit 2 Millionen US-Dollar die Kooperative SOPPEXCCA in Nicaragua, die auch MITKA-Handelspartner ist. Auch die US-NGO Catholic Relief Services (CRS) unterstützt schon seit vielen Jahren nachhaltige Kaffeeprojekte und hat gerade ein Kakao-Anbauprojekt in El Salvador gestartet. Das 25 Millionen US-Dollar-Projekt wird vom MAG unterstützt und soll den von der Roya-Seuche betroffenen Kaffeebauern eine Alternative bieten und den Kaffee durch Kakao substituieren.

Es gibt weitere Entwicklungen, die ein »Adios Arabica« verhindern könnten.

Beim Kooperativenverband REDAPRODARE in der Region von La Palma/Chalatenango wird ein biologisches Pflanzenschutzmittel entwickelt, das auch im Kaffeeanbau eingesetzt werden kann. Bereits jetzt wird ein hochwertiger Bio-Dünger produziert und unter der eigenen Marke BioAmigo vermarktet. Neben den 150 Kleinbauern-Familien von REDAPRODARE sollen die Pflanzenschutzmittel später die Landwirtschaft weiterer 2.000 Familien im Gebiet des Biosphären-Reservats Trifinio fördern. Die Stärkung der biologischen

Landwirtschaft hier bedeutet eine nachhaltige Verbesserung der Ökologie El Salvadors und trägt zugleich zur Gesundheit der Bevölkerung bei: Die Region ist Quellgebiet des Rio Lempa, des größten Flusses Mittelamerikas, der die Mehrheit der hiesigen Menschen mit Trinkwasser versorgt. Trotz der vielen zugesagten Hilfen bleibt die Situation der Kaffeebauern in El Salvador prekär.


Gerne könnt ihr das Projekt unterstützen:


Infostelle El Salvador,

Postbank Köln

IBAN: DE 12 3701 0050 0332 2765 07

Stichwort: Redaprodare


Quellen: CIAT Studie dapa.ciat.cgiar.org/coffe-under-pressure/

die anderen Quellen und Artikel-Links findet ihr bei den Roya-Blogs auf unserer Homepage:

http://www.cafe-cortadora.de



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