März 2015 - Linke Medienakademie

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...und so geht es.

Let’s defrag, Baby!

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Alt-Escape-Enter-Entf: Mach neu und lösch das, was dich mürbe macht – ein Plädoyer für eine gesunde Defragmentierung.

 

Foto-cc-2.0: John Holm, flickr.com

Von Susanne Götze, Berlin Eigentlich ist es paradox: Noch vor Monaten kannte niemand die linke Zeitschrift "Charlie Hebdo", ja sogar vor der Pleite habe das kritische Satireblatt gestanden, hieß es. Erst der schrecklichen Anschläge hat es bedurft, dass die Zeitschrift nun zu - wenn auch trauriger - Berühmtheit gelangte. Möglicherweise wäre Charlie Hebdo wie so viele andere alternative Zeitschriften und Medienprojekte in den letzten Jahren dank gesellschaftlicher Ignoranz und dem grauen, alles verschlingendem Mainstream kläglich eingegangen. Auch führte der Anschlag zu dem widersprüchlichen Bilde, dass - wie Slavoj Zizek bemerkte - die sonst von Charlie verhöhnten Politgrößen in "heuchlerischer Falschheit" im Namen der Zeitschrift für sogenannte westliche Werte zusammen standen. Der Philosoph gibt zu bedenken, dass eben jener "saftlose Liberalismus" einer grundlegenden Kritik unterzogen werden müsse, wolle man konsequent den Fundamentalismus kritisieren. Mit Walter Benjamin geht Zizek sogar so weit zu behaupten, dass "jeder Aufstieg des Faschismus von einer gescheiterten Revolution zeugt".

Inwiefern es heute Revolutionen, Revolutiönchen oder Transformationen braucht und ob dies wirkliche Lösungen sind, sei dahin gestellt. Fakt ist jedoch, dass die von Zizek anderweitig auch heftig kritisierte "radikale Linke" ebenfalls im Großen und Ganzen "saftlos" geworden ist und niemandem mehr wirklich weh tut. Wenn sie, wie Zizek verlangt, das Funktionieren des Kapitalismus wirklich stören soll, muss sie zusammen wirken - ihre Medien allen voran.

Von fragmentierten links-alternativen Realitäten ...

Doch wie selten in ihrer rund 150jährigen Bewegungsgeschichte existieren linke Medien heute oft zerfasert aneinander vorbei. Schlimmer noch: Sie verlieren sich in abstrakten Selbstbefindlichkeiten, befehden sich untereinander, sodass ihre Kapitalismuskritik mehr oder weniger dahinter verschwindet oder nicht mehr ernst genommen werden kann.

Was fehlt ist der Reset-Knopf, der die fragmentierten links-alternativen Realitäten wieder zu einem schwungvollen Gegengewicht zum "saftlosen Liberalismus" zusammenbringt. "Defragmentieren" heißt deshalb das Motto der Linken Medienakademie 2015.

Die Linke Medienakademie ist kein politisches Forum, sondern kann nur einen Raum für diese Akteure sein. Mit ihrem Programm will die LiMA einen Rahmen für Austausch, Anstöße für Diskussionen sein und mit ihren Seminaren kompetente Unterstützung geben. Denn allein mit moralischen Argumenten, politischer Besserwisserei oder dogmatischen Missionarsgehabe wird den strukturellen Ungerechtigkeiten des ausufernden Spätkapitalismus und seinen reaktionären Sprösslingen nicht beizukommen sein. Deshalb ist nicht nur Kritik, sondern vor allem auch Selbstkritik gefragt, die analysiert, warum die in den letzten Jahren kreierten alternativen Öffentlichkeiten jenseits des Parteienumfeldes nahezu allesamt versandeten (u.a. Attac, Blockupy, Empörte), auf die schiefe Bahn gerieten (z.B. Mahnwachen) oder schlicht von einem Großteil der Gesellschaft ignoriert wurden (Interventionistische Linke).

Diese Fragen sind für die Linke Medienakademie deshalb von Relevanz, da wir uns fragen, wie wir mit dem unter anderem von Habermas beschriebenen Phänomen der "zersplitterten, durch Spezialinteressen zusammengehaltenen Zufallsgruppen" auf der einen und dem "stumm zuschauenden Publikum" auf der anderen Seite umgehen sollen und was dies für die alternative Medienlandschaft bedeutet, die nicht zum Mainstream gehören will oder es nicht schafft, im Mainstream anzukommen - je nach Perspektive.

... zu einer neuen Öffentlichkeit

Wird diese Fragmentierung, wie von Habermas vermutet, durch das Internet noch verstärkt, da sich dort die Hoffnungen auf einen gleichberechtigten Austausch ebenfalls zerschlagen haben? Geht die oft positiv besetzte Dezentralisierung durch die Digitalisierung nicht mit einer zunehmenden Isolierung der einzelnen Gruppen und Akteure einher, so dass jeder nur noch mehr in seinem eigenen Saft schmort? Oder zeigt das Internet einfach noch eindringlicher, wie nötig eigentlich eine breite, diskursive Auseinandersetzung mit einem "egalitären Publikum" wäre - und wenn ja, wie stellen wir uns diese neue Öffentlichkeit vor?

Der Theaterregisseur Falk Richter beschreibt in seinen Stücken eindringlich dieses Fehlen eines echten Austausch(raumes), die Vereinsamung und individuelle Verwässerung von Identitäten im neoliberalen Alltagsstrom.

Vielleicht könnte die Linke Medienakademie für all diese Fragen als eine Art "Polis" im Sinne Hanna Arendts wirken, in der "ohne materielle Not und Zwang" frei diskutiert und gelernt werden kann.

Schwerpunktbeiträge März 2015

Spannende Veranstaltungstipps zur Linken Medienakademie

Interview mit Falk Richter die Fragen für CONTRASTE stellten Susanne Götze und Susanne Schwarz Durch das Theater die Welt mit anderen Augen sehen. »Facebook ist ein Ausdruck unseres spätkapitalistischen Systems«

 Auszug aus dem Theaterstück "Never Forever" von Falk Richter

Claire Horst, Berlin Workshop-Schwerpunkt »Medien und Barrieren«. Barrieren durchbrechen? Ganzen Beitrag lesen

Einführung ins Crowdfunding mit Nina Rebhan Ganzen Beitrag lesen

Weitere Informationen unter: http://www.linkemedienakademie.de/


Aus dem Inhalt


10. Stuttgart open fair

Nicanor Perlas, Alternativer Nobelpreisträger aus den Philippinen, im voll besetzten Forumssaal Foto: P.Streiff

Unter dem Motto "transform" kamen vom Freitag, den 30. Januar bis Sonntag, den 01. Februar im Jugend- und Kulturzentrum Forum3 Aktive aus der Stuttgarter Zivilgesellschaft mit internationalen Gästen und interessierten BürgerInnen zusammen, um über neue Ansätze für globale und lokale Entwicklung zu diskutieren.

Weltsozialforum in Tunis

Wir dokumentieren den gemeinsamen Aufruf von Attac Deutschland, Brot-für-die-Welt, Friedrich-Ebert-Stiftung, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum Weltsozialforum.

Rojava: internationale Frauen-Delegation berichtet

Während Syrien und der Irak im Bürgerkrieg versinken, findet von der Weltöffentlichkeit fast unbemerkt in Rojava, Nordsyrien, eine basisdemokratische Revolution statt. Ganzen Beitrag lesen

Konferenz: Die kapitalistische Moderne herausfordern

Die neue Strategie, »demokratischer Konföderalismus« genannt, die Öcalan für die kurdischen Regionen konkretisiert hat, wirft viele Fragen auf. Ist eine solch radikale Umsetzung tragfähig und überhaupt eine Möglichkeit für die Demokratien Europas? Vom 3. bis 6. April sollen diese und viele andere Fragen auf der Konferenz in Hamburg diskutiert werden. Ganzen Beitrag lesen

Kleinanlegerschutzgesetz: Kommentar des ZdK

 

Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz sollen Anleger dank neuer Transparenzregeln und verbesserter Informationen künftig die Risiken von Vermögensanlagen besser einschätzen können. Der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften (ZdK) fordert praktikable Lösungen auch für kleine Genossenschaften. Ganzen Beitrag lesen

Sozialgenossenschaft »Werkstatt für Barrierefreiheit«

VerbundFairsicherungsunternehmen Vorstand Rolf Peter Sollmann und Angela Petig Foto: privat

Vom Ehrenamt zur professionellen Dienstleistung: Im Landkreis Kelheim hat sich aus dem ehrenamtlichen Engagement von und mit behinderten Menschen eine Sozialgenossenschaft gegründet, die künftig Politik, Gesellschaft und Unternehmen als Ansprechpartner in allen inklusiven und barrierefreien Themenfeldern dient.

Versicherungsläden

»Los geht’s« - Eine Kommune gründen – wie geht das?

Im letzten Jahr fand das »Los gehts« auf dem Hof Rossee in der Nähe von Kiel statt – wie immer mit leckerer Vokü. Foto: Tobias Böhme (Hof Rossee)

Das Kommune-Netzwerk lädt im Mai wieder zum "Los gehts"-Festival ein - dieses Mal auf dem Olgashof. Menschen, die sich für ein Leben in Gemeinschaft interessieren, können sich ab März anmelden.

Idee und Geschichte der Konsumgenossenschaft »Vorwärts«

Lieferfahrzeug der Konsumgenossenschaft "Vorwärts"

Im Mai 1899 die Gründerväter der sozialistischen Konsumgenossenschaft »Vorwärts« in Barmen zu eigen. Sie entwickelte sich zu einer der größten Genossenschaften ihrer Art im Deutschen Reich. Im Zeichen der Weltwirtschaftskrise gewinnt der Genossenschaftsgedanke seit 2008 mit weit bescheideneren Ansprüchen wieder an Attraktivität. Ein Anlass wieder einmal an erfolgreiche historische Vorbilder zu erinnern.

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