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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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Vertriebsinitiative

Diskussionsveranstaltung

Vertriebsinitiative für Betriebe

(Red. Heidelberg) Das Netzwerk Nordbaden hatte im Juni das Handelsvertreter-Kollektiv "Wirbelwind" zu einer gemeinsamen Diskussion mit den örtlichen Selbstverwaltungsbetrieben eingeladen.

Die Idee zur Gründung eines Handelsvertreter-Kollektivs gab bereits im voraus Anlaß zu kontrovers geführten Diskussionen. Leider waren die aktiven Netzwerker, mit Ausnahme der Handwerkergenossenschaft Mannheim, bei dem Treffen unter sich.

Die Konzeption des Kollektivs ist den CONTRASTE-Lesern bekannt (4/85) und braucht an dieser Stelle nicht weiter breitgetreten werden.

Das Kollektiv setzt sich aus Einzelgewerbetreibenden zusammen. Jeder hat sein eigenes Gewerbe angemeldet. Der Zusammenschluß erfolgt locker in zwei Gruppen - eine in Süddeutschland und eine weitere im Norden.

Einer ausführlichen Darstellung der bisherigen Arbeit (Vermittlung von Regenwürmern, Holzstricknadeln, Wolle etc.) folgten die neuesten Entwicklungen bei den internen Strukturen. Vor allem die Finanzierung der Handelsvertreter soll längerfristig nicht mehr auf Provisionsbasis erfolgen, sondern es wird die Idee der Direktfinanzierung durch die Betriebe favorisiert, d.h. 20 oder 30 Projekte stellen die Handelsvertreter ein und bezahlen pauschal einen Bruchteil der entstehenden Kosten. Mit diesem Modell wollen sich die Leute vorn Handelsvertreter-Kollektiv vom Zwang zu großen Umsätzen und Abschlüssen befreien. Es soll ihnen zudem Spielraum für Beratung und Vernetzung der Projekte verschaffen.

In der Diskussion kristallisierten sich folgende kritische Punkte heraus:

- Bietet diese Arbeit eine wirtschaftliche Basis für die im Projekt Beschäftigten.

- Bedeutet der Schritt der Vermarktung von Produkten aus dem selbstverwalteten Betrieb einen weiteren bedenklichen Schritt weg von ganzheitlichen Arbeitsstrukturen.

- Gebieten nicht ökologische Überlegungen die Auswahl von Waren- und Güterprodukten und müssen sie nicht den örtlichen Begebenheiten der Vermarktung angepaßt sein.

- Ist es machbar und sinnvoll, für alle Sparten der alternativen Produktion als Reisender durch die BRD zu ziehen.

Ziel der Diskussion war es nicht, Klärung in allen Punkten zu erreichen. Sie diente vielmehr dem gegenseitigen Austausch.

Die Projektvertreter sehen in ihrer Arbeit längerfristig die Möglichkeit zur Schaffung von gesicherten Arbeitsplätzen. Sie rechnen dabei zum einen mit dem beobachteten Bedarf auf diesem Gebiet und zum anderen mit der Solidarität der Betriebe. Die Vertreterin der Handwerkergenossenschaft gab zu bedenken, daß es u.U. zwar sinnvoll sein könne, einen Vertreter zu beschäftigen, jedoch müsse sich die Sache für den Betrieb rentieren. Daraus folgt, die Arbeit muß professionell ausgeführt werden.

Dies, so die Einschätzung der Teilnehmer, bringt unweigerlich eine Spezialisierung auf einzelne Bereiche mit sich. (Dies wäre wohlgemerkt eine positive Entwicklung.) Von daher würde der Ansatz, für alle möglichen Projekte Ansprechpartner zu sein, skeptisch beurteilt.

Die Frage der Standortwahl der Betriebe und deren Produkte nach örtlichen Gegebenheiten läßt sich nicht generell beantworten. Einige Produkte, wie z.B. Holzstricknadeln aus Edelharthölzern werden in einem einzigen Betrieb in so großer Stückzahl hergestellt, daß sie überregional vermarktet werden müssen. Über die Art und Weise, wie dies geschehen könnte, wurde gesprochen. Eine Möglichkeit bietet tatsächlich die Vermarktung durch Vertreter. Jedoch wurden dazu auch Alternativen diskutiert (Versand, Branchentreffen Messen etc.).

Einer der Ausgangspunkte des alternativen Wirtschaftens war der Wunsch, zwischen Produzent oder Händler und Kunde persönliche Beziehungen auszubauen. Zur Ganzheitlichkeit des neuen Arbeitsansatzes gehörte als letztes Glied auch die Vermarktung durch den Produzenten. Die Entfremdung der Arbeit sollte so weit wie möglich abgebaut werden. Tendenziell bedeutet die Idee des Handelskollektivs den erneuten Sündenfall der Arbeitsteilung, die bei Lichte betrachtet längst wieder Einzug in die alternativen Betriebe gehalten hat. (war Arbeitsteilung jemals außen vor?)

Als Fazit aus der Veranstaltung läßt sich sagen, daß wir einen konstruktiven Austausch über diesen Projektansatz hatten. Für die anwesenden Netzwerker erscheint der geradezu rufschädigende Begriff des Handelsvertreters (Schuh in der Tür etc.) in diesem Zusammenhang heute in anderem Licht.

Vielleicht hat auch der Abend zur Konkretisierung dieser Projektidee beigetragen. Auf die weiteren Entwicklungen darf man gespannt sein.

Hubert Kant, Netzwerk Nordbaden

 

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Copyright © 1999 CONTRASTE Monatszeitung für Selbstorganisation
Stand: 15. August 2011