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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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USA: Jimmy Carter

DOKUMENTATION: 
EX-PRÄSIDENT JIMMY CARTER IN DER "WASHINGTON POST"

Das neue beängstigende Gesicht Amerikas

Die Politik der Vereinigten Staaten erlebt gegenwärtig
fundamentale Veränderungen - in der Frage der Menschenrechte, in unserer Rolle gegenüber den anderen Nationen dieser Welt und im Friedensprozess des Nahen Ostens. All das passiert ohne große Debatten - außer, bisweilen, innerhalb der Administration. Nach der Tragödie des 11. September musste der Präsident reagieren, und
er hat das zunächst auch schnell und vernünftig getan. Aber mittlerweile versucht eine Gruppe von Konservativen, lang gehegte Ambitionen unter dem Deckmantel des Krieges gegen den Terrorismus zu verfolgen.


Früher von den meisten Ländern als Champion der Menschenrechte
bewundert, beargwöhnen respektable internationale Organisationen
nun, ob unser Land noch zu den Grundprinzipien des demokratischen Lebens steht. Über das Unrecht in den Ländern, die uns beim
Kampf um den Terrorismus unterstützten, haben wir hinweg
gesehen. Bei uns im eigenen Land wurden amerikanische Bürger als Feinde inhaftiert, ohne Anschuldigung und ohne juristischen Beistand. Trotz aller Kritik der Bundesgerichte verweigert sich das Justizministerium diesem Problem. Und mit Blick auf die
Gefangenen in Guantanamo erklärt der Verteidigungsminister, dass sie
selbst dann nicht freigelassen werden würden, wenn sich ihre
Unschuld erwiesen hat. All das passt zu Unrechtsstaaten, die von amerikanischen Präsidenten in der Vergangenheit immer verurteilt wurden.

Während der Präsident sich noch nicht abschließend geäußert hat,
wird das amerikanische Volk fast täglich vom Vizepräsidenten
und anderen hohen Regierungsvertretern damit konfrontiert,
dass die Massenvernichtungswaffen des Irak eine tödliche
Bedrohung darstellen und Saddam Hussein aus dem Amt gejagt
werden muss, ob mit oder ohne Unterstützung der Verbündeten.
Wie aber die Verbündeten und auch verantwortliche Politiker
früherer Administrationen immer wieder betont haben, gibt es gegenwärtig keine Bedrohung der Vereinigten Staaten durch Bagdad.

Angesichts intensiver Überwachung und einer überwältigenden
militärischen Übermacht der USA wäre jede kriegerische Handlung
von Saddam ein Akt des Selbstmords. So unwahrscheinlich es
ist, dass Saddam Nachbarstaaten attackiert, Nuklearwaffen testet,
mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen droht oder sie
Terroristen zur Verfügung zu stellt, so sehr ist es doch
möglich, dass - im Falle eines amerikanischen Angriffs auf
den Irak - diese Waffen gegen Israel oder gegen unsere Truppen als Reaktion eingesetzt werden. Wir können die Entwicklung von ABC-Waffen nicht ignorieren, aber ein einseitiger Krieg gegen den Irak ist nicht die Antwort. Unbehinderte Inspektionen im Irak
sind dringend. Aber genau das ist offenkundig gar nicht
gewollt, wie insbesondere der Vizepräsident mehrfach
angedeutet hat.

Wir haben unsere Missachtung der restlichen Welt auch gezeigt, indem wir aus mühsam vereinbarten internationalen Abkommen ausgestiegen sind. Verträge über Rüstungskontrolle, Konventionen über biologische Waffen, Umweltabkommen und Vereinbarungen, mit den die Folterung und Bestrafung von Kriegsgefangenen verhindert werden soll - all das haben wir nicht nur abgelehnt, sondern auch all
jene bedroht, die an diesen Abkommen festhalten. Diese ganze
einseitige Politik isoliert die Vereinigten Staaten immer mehr von den Nationen, die wir brauchen, um den Terrorismus zu bekämpfen.

Tragisch ist auch, dass unsere Regierung substantielle
Verhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis nicht länger aktiv
unterstützt. Offensichtlich besteht unsere gegenwärtige
Politik darin, jede Aktion der Israelis in den besetzten
Gebieten zu begrüßen und die Palästinenser zum Ziel unseres
Krieges gegen den Terrorismus zu erklären, während die
Israelis ihre Siedlungen ausdehnen und die palästinensischen
Enklaven zusammenschrumpfen.

Innerhalb der Administration scheint es eine Auseinandersetzung über eine schlüssige Nahostpolitik zu geben. Die klaren Positionen des Präsidenten, wichtige UN-Resolutionen nach wie vor zu unterstützen und einem palästinensischen Staat nicht im Wege zu stehen, sind vom
Verteidigungsminister negiert worden, der von den "sogenannten besetzten Gebieten" spricht, in denen sich "irgendetwas schon etablieren werde". Solche Stellungnahmen von Rumsfeld sind eine radikale Abkehr von der amerikanischen Politik, die seit 1967 immer den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten und einen wirklichen
Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn forderte.

Stimmen des Krieges und der Spaltung scheinen Washington zu
dominieren, aber bislang haben weder der Präsident noch der Kongress oder die Bundesgerichte abschließende Entscheidungen getroffen. Die historischen und wohl begründeten Verpflichtungen Amerikas müssen die Oberhand gewinnen: Für Frieden, Gerechtigkeit, Menschenrechte, Umwelt und internationale Kooperation.

Aus: "Freitag", 20.9.2002
Übersetzung von Hans Thie

 

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Stand: 20. Mai 2007