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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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Unsolidarische Ökonomie

DIE UNSOLIDARISCHE ÖKONOMIE:

Überleben in Slums und Ghettos 

Flash forward: Stell Dir vor, Du wachst auf und die Normalität ist weg! – Deine Stelle oder Arbeitslosengeld II ist weg und mit ihm das gesamte System der sozialen Sicherung. Und weg sind auch alle rechtsstaatlichen Institutionen. Und Aldi ist weg und Alnatura auch.

Von Wolfgang Ratzel, Berlin # Du gehst in Dein Bad, drehst den Wasserhahn auf und kein Tropfen tröpfelt: Kein Zähneputzen, keine Katzenwäsche, keine Dusche. Die Heizkörper bleiben kalt, keine Fernwärme mehr. Du gehst aufs Klo, betätigst den Spülhebel: die letzte Wasserfüllung rauscht hinab, dann herrscht Stille; kein Rauschen der Wasserkastenbefüllung mehr, und auch kein Sirren des Kühlschranks – denn mit dem Wasser versiegt auch der Strom: aus dem Kühlfach tropft eine stinkige Soße.

Du stürzt aus der Wohnung: Die Mülltonnen quellen über, aus der Kita um die Ecke tönt kein Kindergeschrei mehr. Du durchstreifst Deinen Kiez und spürst, wie Dich seltsam- aggressive Blicke streifen. Die Grundschule ist geschlossen, das Gymnasium auch: verlegt nach Stadtmitte. Das Ärztehaus? Weggezogen. Keine Tram dröhnt mehr heran, kein Bus hält mehr, die S-Bahn- Station liegt verlassen – abgebaut. Du holst dein verstaubtes Fahrrad aus dem Keller und radelst zu deiner Bank: Sie zieht erst nächste Woche weg. Die Bankfiliale daneben ist schon verrammelt, die Scheiben eingeworfen. Du checkst Dein Konto: Keine Zugänge.

Du radelst zu deinem JobCenter. Am Eingang hängen drei Zettel: »Das JobCenter ist per Verordnung der Bundesregierung ab sofort geschlossen. Wenden Sie sich bitte ab sofort an die ‘Aktion Laib und Seele’! « Daneben deren Aushang: »Sie wohnen in den PLZ-Bereichen 10247+10249, 10405, 10407, 10409 und sind in Not? Wir helfen! Kommen Sie zur Ev. Advents-Zachäus- Kirchengemeinde. Dort erhalten Sie gegen eine Eigenbeteiligung von 1 Euro eine große Tüte frische Nahrungsmittel: Mittwochs 11:00 Uhr -12:00 Uhr; die Wartenummern werden ab 09:00 Uhr ausgeteilt.« Und dann noch ein dritter Zettel: »Im Notfall können Sie sich auch an die Suppenküche im Franziskanerkloster, Wollankstr. 19, 13187 Berlin wenden! Geöffnet: ganzjährig Di, Mi, Do, Fr, Sa, So: 8:30-14:30 Uhr – Letzter Einlass: 14:30 Uhr. Mittagsausgabe immer 12:45-14:30 Uhr. Zwischen Weihnachten + Neujahr kalte Küche. «

Du radelst zum Einsatzort deines »Ein-Euro-Jobs«: »Alle Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung sind beendet. Die Tagesjobvermittlung der JobCenter ist geschlossen. Wenden Sie sich bitte ab sofort an die privaten Arbeitsvermittlungsagenturen. «

Du radelst zurück in die Wohnung. Im Briefkasten liegen zwei Briefumschläge: Du reißt den von der Krankenkasse auf: »Da das Job- Center die Zahlungen eingestellt hat, müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Kranken- und Pflegeversicherungsschutz ab sofort erloschen ist; bitte wenden Sie sich an die bezirkliche Krankennotversorgung. « Der zweite Umschlag stammt vom Vermieter: »Wegen ersatzloser Streichung Ihrer Grundsicherung kündigen wir Ihren Mietvertrag: Bitte wenden Sie sich an die Unterkunftsvermittlungsstelle Ihres Bezirksamts. « Du rennst die Treppe hinauf, atmest kräftig durch, schaltest deinen Laptop an: »No response from server.« Der Router blinkt rot: Deine Digital Subscriber Line (DSL) ist tot; kein Telefon ......... 

Du erwachst – es war nur ein böser Traum.

Fortsetzung auf Seite 5

 

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Copyright © 1999 CONTRASTE Monatszeitung für Selbstorganisation
Stand: 29. August 2010