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Selbsthilfegruppen

Selbstverwaltung und Selbsthilfe im sozialen Bereich

Selbsthilfegruppen

Im Sozialbereich (eigentlich wäre Solidarität viel besser) gibt es ja seit längerer Zeit schon das Bemühen, das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen, was jedoch gerade hier besonders schwierig ist, viel schwieriger als z.B. in Handwerk und Industrie oder sonstigen Branchen.

1984-2.jpg (60485 Byte)Von Gerhard Kern - Im Bemühen (man/frau muß sich tatsächlich mühen) mit Marginalisierten, an den Rand gedrängten solidarisch zu sein, steht uns das Paradigma dieses Jahrhunderts knallhart im Wege und kann auch wiederum nur von subkulturellen Gruppen geändert werden. Diese entwickeln ein Wertsystem welches folgende "kompakte Mehrheiten" bestimmt. In der Regel wird Not und die in dieser schlummernden revolutionäre Potenz von subkulturellen Individuen und Gruppen erkannt, aufgegriffen und unter „äußerstem Einsatz als Ventil für eine Veränderung der Zustände eingesetzt. Das Engagement für die Beseitigung von Not wird jedoch meistens von der Staatsmaschinerie vereinnahmt, perfektioniert, bürokratisiert und schließlich zu einer Hilfe für diejenigen, die sie gar nicht brauchen, nämlich für alles was etabliert, satt und zufrieden ist. Behinderte, Alte, Kranke, Arme und Süchtige werden abgeschoben in eigens dafür eingerichtete Anstalten. Hier nun hilft letztlich nur ein "Ausbruch aus dem Irrenhaus".

Für die sozialisierenden Machthaber sind aber gerade Entfesselungsbestrebungen der unterdrückten Individuen, wie z.B. der Kinder (Indianerkommune), der Alten (Graue Panther), Arbeitslosen (ASH), Behinderte und Psychiatrisierten (Antipsychiatrie) viel gefährlicher als ähnliche Bestrebungen aus anderen Bevölkerungskreisen, da die ersteren viel eher bereit sind, alles aufs Spiel zu setzen, ihre ganze Existenz zur Disposition zu stellen, wie ja die Geschichte es immer wieder zeigt. Der gegängelte, bevormundete Mensch trägt tief in sich die positive Utopie der Selbstbestimmung und -verwirklichung und je größer das Leid durch Fremdbestimmung, desto explosiver ist die Kraft, wenn es gelingt, das Ventil der Unterdrückung zu lösen, Widerstand gegen die Herrscher zu fördern. Der oben geforderte ,,Ausbruch aus dem Irrenhaus" gelingt nun nicht immer gleich auf Anhieb, sondern geschieht oft in mehreren Anläufen. Manche Initiativen bleiben dann auch unter Umständen in einem systemkonformen Zustand stecken, während es durchaus Selbsthilfen gibt, die revolutionären Charakter haben.

Hans Dietrich Engelhardt stellt im Forum der AG SPAK 24/84 eine Typologie der Selbsthilfegruppen dar, die in folgendem Schaubild in ihren verschiedenartigen Wirkensweisen dargestellt sind:

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H. D. Engelhardt schreibt: "Obwohl die Typologie von der Anlage her statisch ist, läßt sie sich im Rahmen der gewählten Kriterien als Schema verwenden, mit dem die Entwicklung einer SHG bezüglich ihrer Veränderungsziele und ihrer Einstellung zum für sie relevanten Teilsystem des Versorgungssystems beschrieben werden kann..."

So ist m.E. diese Typologie eine Möglichkeit zur Reflexion über den eigenen Standpunkt und kann helfen, darüber aus einer reformistischen zu einer revolutionären Haltung zu kommen.

Damit aber die Tendenz zu einer tatsächlichen Strukturveränderung nicht gleich im Keim erstickt wird, genügt es nicht in Branchen zusammenzuarbeiten, obgleich dies ein erster notwendiger Schritt ist, sondern es muß der Sub- oder Gegenkultur gelingen, interdisziplinär Zusammenschlüsse zu konstruieren. Im sogenannten sozialen Bereich gibt es ja Ansätze zum ersten Schritt, wie z.B. in der Jugendzentrumsbewegung, der Antipsychiatrie, u.a. Doch ist dieses Bemühen noch ganz anfänglich und sollte mit Vehemenz weiterbetrieben werden und branchenübergreifende Kontakte im gleichen Zuge aufgenommen werden.

Die Selbstverwaltungsbewegung kann eine Chance der fortschrittlichen und freiheitlichen Kräfte sein und Verhältnisse ändern, wenn sie nicht in kleinlichen Quereleien und individuellen Profilneurosen zum erbärmlichen Opfer des kapitalistischen Staates wird. Ich sehe gute Chancen für beides in unserer augenblicklichen Situation, gleichzeitig haben wir die Möglichkeit, eine echte alternative Ökonomie oder auch eine "Nacht über Deutschland" anzulegen. Und ich denke da mit Rolf Schwendter gleich, wenn er z.B. sagt: Es geht nicht darum, sachbezogen und nicht parteikonform zu arbeiten, (sinngemäß). Eine Ökobank wird von all denen gegründet und betrieben und verkommt nicht zu einer BfG, wenn es denen um Alternative Ökonomie geht und nicht um Marxismus, Anarchismus, usw...

Allerdings geht es um Selbstverwaltung, Selbstbestimmung und damit um Freiheit eines jeden Menschen und grenzt Fremdbestimmung und Staat aus, ist somit anarchistisch und marxistisch zugleich. Eine bewaffnete Revolution ist m.E. heute nicht möglich und sinnvoll, daher gibt es nur den Weg der permanenten Revolution, in diesem durch Gewalt entstandenen Gebilde, was sich Modell BRD nennt. Unsere Bewegung wächst langsam, doch sie wächst und es ist besser, wenn sie nur langsam, dafür aber sicher wächst.

 

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Stand: 01. Oktober 2011