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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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Roland-Gutscheinring

DER ROLAND-GUTSCHEINRING

"Neue Netze knüpfen..."

Motto: "Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch" (Hölderlin)

Im nachfolgenden Beitrag stellt Manfred Steinbach vom Bremer "Verein für nachhaltiges Wirtschaften e.V." einige Thesen zum "kranken Geldbegriff" und zum Sinn von regionalen Währungen vor. Zum Bremer Roland-Gutscheinring siehe auch CONTRASTE Nr. 209,
"Alternative zum Euro - das Geld muss weg".



Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen bewusster als
früher die großen Weltprobleme wahrnehmen und sich immer mehr in globalem Maße für die Lösung dieser Probleme verantwortlich fühlen. Und es ist zu spüren, dass das größte Problem das weltweit egoistische und materialistische Profit- und Wettkampf-Wirtschaften unter
Anwendung eines kranken Geldbegriffs ist mit den Ergebnissen:

Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschen auf der Erde;
Ausgrenzung großer Bevölkerungskreise von der notwendigen
Versorgung;
Verschuldung und Verarmung von Bevölkerungen, Ländern und
Regionen;
Kapitalkonzentration in den Händen von wenigen Unternehmen;
Vermehrung des Kapitals als Wirtschaftsziel;
Konsumdiktatur weltweit mit Hilfe von Medien und der Werbung;
Verherrlichung des Geldes, der Aktie und der Börse als neue "heilige Dreifaltigkeit";
Vermehrung von Kapital aufgrund des Zins- und Zinseszins-Systems "durch sich selbst", ohne volkswirtschaftlichen Bezugspunkt.

Subcommandante Marcos - Denker, Dichter und Diener der Bauern in Chiapas - hat aufgrund solcher Tatsachen schon 1997 von einem "Krieg gegen die Menschheit" gesprochen.

Seit dem 11. September 2001 wird sichtbar, dass viele an das Recht gebundene Regierungen diesen Krieg gegen die Menschheit nun nicht mehr nur unterstützen, sondern sich jetzt selbst zu Kriegsherren gegen die Menschheit aufgeschwungen haben. Das politische
Staatsleben hat sich sozusagen - wieder einmal - dem  Wirtschaftsleben aufgesattelt..

Was können nun diejenigen tun, die ihre Ohnmacht nicht akzeptieren und ein menschenwürdiges Dasein auf der Erde erhalten wollen?

Richard Douthwaite und Hans Diefenbacher stellen in ihrem
Buch "Jenseits der Globalisierung" die Frage: "Können
einzelne Gemeinschaften dazu beitragen, die Ausdehnung des
industriellen Systems und dessen individualistische Kultur zu
begrenzen, und zwar ohne Hilfe der jeweiligen Regierung, um auf diese
Weise einen geschützten Raum zu schaffen, in dem lokale
gemeinwesenorientierte Ökonomien und eine damit verbundene
Kultur wieder geschaffen oder neu belebt werden können?"

Bernard Lietaer, ehemaliger Finanzfachmann der belgischen
Zentralbank, bejaht die gestellte Frage in seinem Buch
"Das Geld der Zukunft". Er weist hin auf den Zusammenhang von nachhaltigem und regionalem Wirtschaften mit der Geld- und Währungsfrage. Detailliert beschreibt er die lebendigsten von ca. 2.500 weltweit existierenden gemeinwesenorientierten lokalen
Komplementärwährungen.

Paul Glover, Kreator der seit 1991 praktizierten Lokalwährung "Ithaca-Hour" im Bundesstaat New York zieht den Schluss, "dass die einzige Möglichkeit für die lokale Ökonomie, Nutzen aus lokal vorhandener Finanzkraft zu ziehen und den Abfluss von Kapital und die Spekulation zu verhindern, darin besteht, eine monetäre
Einheit zu schaffen, die man nur in der Region verdienen
und ausgeben kann." (siehe CONTRASTE Nr. 171, 12.1998)

Diese drei Aussagen machen eines deutlich: Es kommt heute auf die Initiative jedes Einzelnen an, um auch morgen noch in einer menschenwürdigen Kultur leben zu können! Jedermensch ist aufgefordert, Einstellungen und Ideen zu überprüfen, diese ggf. zu verändern und danach auch zu handeln!

Der Verleger Rainer Rappmann, der das umfangreiche Werk des Sozialkünstlers und Revolutionärs Joseph Beuys der Öffentlichkeit zugänglich macht, kommt auf den Punkt: "Die Politik wird uns nicht retten...; wir müssen  unser Schicksal schon selbst in die Hand nehmen... Der Mensch an sich könnte stärker sein, wenn er sich seiner
Potenz besänne, die er doch hat, und wenn die Menschen zusammentreten würden... Politik dient auch nicht mehr den Menschen, sondern leider meistens diesem Prinzip "Geld"... Also: alle Welt wartet auf uns, auf den Menschen mit seinem Creator! Wer sonst sollte es richten? Tun wir was!"

ROLAND-REGIONAL

Am 8. Februar 2001 gründen einige Bremer Aktive den Verein "ROLAND-REGIONAL - Verein für nachhaltiges Wirtschaften e.V.". Der Verein orientiert sich

am Ideal des freien Menschen und seiner Würde;
an der Toleranz im Geistesleben, der Demokratie im
Staats-und Rechtsleben, der Brüderlichkeit und gegenseitigen
Hilfe im Wirtschaftsleben;
und an der Verantwortung jedes Einzelnen sowie der
Gemeinschaft für die Wiederherstellung und Bewahrung
gesunder, natürlicher Lebensgrundlagen (Boden, Wasser, Luft,
Flora und Fauna).

In einer solchen Betrachtungsweise ist es Aufgabe des den gesellschaftlichen Organismus durchströmenden  Geldkreislaufes, den genannten Leitbildern zu dienen..

Zweck des Vereins ist die Erforschung, Impulsierung und Förderung nachhaltiger Wirtschaftsformen und alternativer Zahlungs- und Währungssysteme sowie Förderung des ökologischen Landbaus in der Region Bremen. Dabei will der Verein Bedingungen schaffen für einen
wesensgemäß gegliederten sozialen Organismus im Sinne des Sozialimpulses von Rudolf Steiner.

Vordringlich arbeiten die Vereinsmitglieder im Jahre 2001 an der Herausgabe einer Regionalwährung, dem "ROLAND-Gutschein". Nach seiner Drucklegung am 11. September 2001 geht der ROLAND am 1. Oktober 2001 in seinen Kreislauf. Seit Mitte Juni 2002 kann er als
Tauschmittel für Erzeugnisse benutzt werden in/an/bei
* 3 Hofläden mit Demeter-Produktion
* 3 Marktläden mit Produkten aus ökologischem Anbau
* 5 Naturkostläden mit Produkten aus ökologischem Anbau
* 1 Feinkost-Laden & Reformhaus
* 1 Feinkostladen
* 1 Mosterei
* 1 Naturkost-Großhandel
* 1 Käse & Wein-Geschäft mit Produkten aus ökologischem Anbau
* 14 Marktständen mit ökologischen bzw. Demeter-Produkten
* 1 ökologischen Bauhandelsgeschäft
* 1 Monatszeitung, dem "Torfkurier"
* 1 Buchhandlung
* 1 Galerie
* 1 Vortragsreferent & Autor
* 2 Künstlern mit Kunstgraphiken
* 4 Handwerkern (Elektriker, Möbeltischler, Flächengestalter,
ökolog. Trockenbau)
* 1 Ingenieur für Wasseranlagen
* 1 Englischlehrerin
* 1 Masseuse
* 1 Kunsttherapeut

Insgesamt benutzen den ROLAND derzeit 25 Produzenten/Händler
und 29 Verbraucher. 

Die Betriebe befinden sich in Achim, Beverstedt, Bremen, Delmenhorst Fischerhude, Martfeld, Oldendorf, Ottersberg, Quelkhorn, Sottrum und Worpswede.

Noch läuft dieser Geldkreislauf nicht "rund". Dringend benötigt werden - außer weiteren Verbrauchern - vor allem Handwerker und Dienstleister.

Die Benutzer des ROLAND sind zusammengeschlossen im "ROLAND-Gutscheinring", aus rechtlichen Gründen mit Mitglieds-Struktur, um den Teilnehmerkreis räumlich und personell überschaubar zu halten. Mitglied können alle natürlichen und juristischen Personen werden, die durch Benutzen und Anerkennen des ROLAND der Wirtschaftskraft in der Region vertrauen und
sie fördern und dadurch ein Bewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften in der Region anregen und wachhalten möchten. Rechtsträger des ROLAND-Gutscheinringes ist der Verein "ROLAND-REGIONAL e.V.".

Der ROLAND wird bei der Geschäftsstelle des Vereins und bei einigen Händlern im Verhältnis 1:1 eingetauscht (vorerst gibt es nur Gutscheine im Werte von 5 ROLAND). Die "wandelnde Wechselstube" ist einmal im Monat auf den vom Herausgeber der Zeitschrift "Torfkurier" veranstalteten Tausch- und Flohmärkten in den Landkreisen Rotenburg und Verden präsent. Die jeweils aktuelle
Teilnehmerliste wird in jeder Ausgabe des "Torfkurier" veröffentlicht.

Damit der ROLAND nicht gehortet wird, sondern fließen kann
und ebenso altert wie die Ware, unterliegt er einer "Nachhaltigkeitsgebühr" von 1% pro Monat (=5 Cent). Der jeweils gültige monatliche Wert ist bereits auf dem "Rechtsgutschein", der in dieser Serie bis Ende Dezember 2002 benutzt werden kann, aufgedruckt. Danach wird die neue Serie gedruckt und in Umlauf gebracht. Die alten Scheine können innerhalb von 3 Monaten entsprechend ihrem Wert in neue ROLAND umgetauscht werden.

In welchen Anteilen ROLAND und EURO bei einem Handel benutzt werden, wird von den Beteiligten selbst vereinbart.

Die beim ROLAND-Kauf eingetauschten EURO werden vom Verein
"ROLAND-REGIONAL" vereinnahmt und den Landwirten, die ökologisch oder biologisch-dynamisch wirtschaften, als zinslose Kredite zur Verfügung gestellt ("freies Geld"). Alle Überschüsse des Vereins sollen vorrangig den im ökologischen Landbau Wirtschaftenden
zukommen, da die Landwirtschaft Grundlage allen Wirtschaftens
sowie Grundlage der menschlichen Existenz auf der Erde ist.

Der ROLAND soll das regionale nachhaltige Wirtschaften unterstützen. Zur Philosophie dieser Währung gehört es deshalb, dass Produkte der Region bevorzugt konsumiert werden.

Nachhaltiges regionales Wirtschaften heißt, die Ressourcen in
der Region zu nutzen und die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen können. Wir dürfen die ökologische "Tragfähigkeit" der Region nicht überschreiten, d.h. wir können nicht mit stetigem Wachstum rechnen und müssen wieder lernen, uns zu begrenzen, um unsere Umwelt nicht völlig auszubeuten und sie nicht immer mehr mit Schadstoffen zu belasten und sie letztlich zu zerstören. Gesunde Lebensmittel sollten möglichst frisch und naturbelassen sein. Das erfordert kurze Wege. "Wochenmarkt statt Weltmarkt" lautet deshalb die Devise. Für gesunde Lebensmittel gilt der Grundsatz, dass die Gesundheit von Boden, Pflanzen, Tieren und Menschen unteilbar ist. Deshalb gilt den Landwirten unsere ganze Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Der ROLAND will dazu helfen, das Wirtschaften von der krebsartig wuchernden Macht des Zins- und Zinseszins-Systems in unserem Geldwesen wieder zu befreien. Er soll neuer Diener des Menschen in der Region Bremen sein. Geld ist ja nichts anderes als eine Vereinbarung, die eine Gemeinschaft sich gibt, der sie vertraut und die sie anwendet zum Wohle aller Vereinbarenden. Rudolf Steiner:
"Geld hat nur einen geistigen Wert; nur einen Wert in der menschlichen Anerkennung".

Wir rufen dazu auf, dass ein "Neues Netz" geknüpft wird - ein Netz aus möglichst vielen kleinen Regionen und Gemeinden, die sich bemühen, auf ihrem jeweiligen Gebiet und mit den dort lebenden Menschen so weit wie möglich eine dauerhafte umwelt- und menschengerechte Entwicklung zu realisieren - mit einer eigenen Regionalwährung und möglichst auch mit einem eigenen Bank- und Kreditsystem. Verbunden werden können dann diese verschiedenen Regionalwährungen durch
eine gemeinsame Verrechnungseinheit!

Die Leserinnen und Leser dieser Veröffentlichung bitten wir,
das Experiment zu durchdenken, mit Anderen zu erörtern und dann sich entweder am ROLAND-Gutscheinring zu beteiligen oder eine eigene Regionalwährung herauszugeben. 

Kontakt: ROLAND-REGIONAL - Verein für nachhaltiges
Wirtschaften e.V, Weißenburger Str. 29, D-28211 Bremen
Tel: (04 21) 491 52 09

 

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Copyright © 1999 CONTRASTE Monatszeitung für Selbstorganisation
Stand: 07. August 2008