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Ökobank

ETHISCHE GELDANLAGEN UND BANKEN IN DER KRITIK:

Knallharte Profitorientierung ?

Die Ökobank ist pleite, ein Weiterbetrieb nur möglich, weil die Volks- und Raiffeisenbanken den Vorstand übernommen haben. Werbung für ethische Geldanlagen konzentrieren sich immer mehr auf die zu erwartende Rendite, die Projekte werden über die Köpfe der Menschen hinweg geplant und umgesetzt. Das weckt immer mehr Widersprüche, die Kapitalisierung ökologischer Ideen gräbt sich immer sehr das Grab. Darüber können auch schöne Begriffe nicht hinwegtäuschen, auch was "ökologisch", "alternativ", "ethisch" oder "genossenschaftlich" heißt, kann knallharte Profitorientierung sein.

Jörg Bergstedt, Red. Umweltschutz von unten - Das wichtigste Beispiel zur Zeit ist die Ökobank. Am 18.11. fand deren VertreterInnenversammlung statt. Ziel der Versammlung war nur eines: Den Kurs der harten Sanierung und der Übernahme der Ökobank durch die Volks- und Raiffeisenbanken absegnen zu lassen. Das war schon Fakt, denn der Sanierungsvertrag überträgt alle wesentlichen Rechte der Bank auf die VR-Bankkreise einschließlich des Rechtes auf Auflösung der Ökobank durch Erklärung des Scheiterns der Sanierung.

Entsprechend verlief die Versammlung. Die Debatte hatte Alibicharakter, Vorstand und Aufsichtsrat warten auf das Ende der Versammlung, drängten auf die zügige Abwicklung der Tagesordnung, um dann unter sich und pseudodemokratisch legitimiert weitermachen zu können. Am deutlichsten wurde das bei den wiederholten Antworten auf Fragen der VertreterInnen (immerhin das ranghöchste Gremium der Ökobank), die mit Verweisen auf Datenschutz oder Sätze wie "Verlassen Sie sich drauf, dass wir das im Griff haben" abgespeist wurden.

Einige Einzelvorgänge sind erwähnenswert und zeigen, wo die Ökobank gelandet ist. Das anwesende Publikum wirkte wie das Podium auch nicht mehr wie eine Versammlung etablierter Ex-Linker, sondern einfach klassisch wie die neue gesellschaftliche Mitte. Leute aus sozialen oder Umweltverbänden usw. waren kaum anwesend. Die Ökobank ist eine Bank, die mit dem Label "Öko" auf KundInnenfang geht. Mehr nicht.

* Der Prüfungsbericht des Genossenschaftsverband war niederschmetternd. Er bezeichnete fast alle organisatorischen Einheiten als fehlerhaft organisiert usw.

* Bereits 1997 war in einem Vermerk des Aufsichtsrates zum Geschäftsbericht zu lesen, dass die Bevorzugung von Großprojekten als problematisch bewertet würde. Ein Jahr später erfolgt die Anweisung an den Vorstand, sich stärker um Kleinund Mittelprojekte zu kümmern. Es war also alles bekannt, gehandelt hat niemand.

* Zitate zum Selbstverständnis der Ökobank: Vorstand Wolfram Herath (kommt von VR-Banken) auf die Frage, ob alleinerziehenden Personen passende Arbeitsstellen weiter angeboten würden: "Die Menschen müssen sich jetzt nach dem Unternehmen richten". Aufsichtsrat Jochen Mende (DER Vorzeige-ExLinke dort): "Ich teile die Befürchtung, dass inhaltliche Prämissen in der kommenden Zeit hintanstehen müssen" und "Bitte nehmt zur Kenntnis: Die Ökobank ist kein selbstverwalteter Betrieb. Sie ist ein ganz normales Unternehmen".

* Vor allem ältere Menschen im Publikum (aber insgesamt nur wenige) bemängelten den inhaltlichen Verlust. Einer befürchtete, dass der Label Ökobank künftig nur noch wegen der Werbewirkung erhalten bleiben würde, die Bank selbst aber nichts mehr davon aufweisen würde.

* Bei nur einen Wortbeitrag, der darauf hinwies, dass mehr zu bemängeln sei als Einzelfehler einzelner Personen in Geschäftsvorgängen und "Ökobank wird immer mehr zu einer kapitalistischen, profitorientierten Bank würde", gab es "Aufhören, Aufhören"-Rufe! Einer (etwas unbeholfen redenden) Frau schleuderte ein Mann patriarchal aus dem Saal entgegen "Lass es!" Kein Protest regte sich.

* Auf eine Vielzahl von Fragen antworteten Vorstand und Aufsichtsrat gar nicht mit der Begründung des Datenschutzes (unter anderem bei allen Fragen zu den Fehlern der Vergangenheit) oder Sätzen wie "Seien Sie sicher, dass wir das alles überlegt machen". Die Vorsitzende des Aufsichtsrates, Katrin Ostertag, insgesamt eine sehr hierarchisch vom Podium herunter agierende Person, antwortete auf die Kritik, dass der Aufsichtsrat zu dem Ganzen keine Stellungnahme verfasst habe, dass er das noch tun würde, aber diese Stellungnahme nicht an die eigene VertreterInnenversammlung geben, sondern nur intern in Führungsgremien behandeln würde.

* Der ethische Geldanlagefonds Ökovision soll verkauft werden (wenn jemand genug Geld dafür zahlt). Damit würde der hochgeputschteste Öko-Anlagefonds gefährdet - was sehr deutlich macht, welch dünnes Eis die Ökomarktwirtschaft bietet ... da kann noch soviel geschrieben werden über Glaubwürdigkeit usw. - am Ende wird das Ding einfach von jemandem anders aufgekauft. - Nicht fehlen durften natürlich die Harmoniefloskeln der Art "Wir sollten Vertrauen haben zueinander" usw.

Insgesamt eine Versammlung, bei der selbst etablierte Linke einfach Fremdkörper waren. Wo es langging, zeigte auch der äußere Rahmen: Auf dem Büffet gab es Weißmehlbrötchen mit Fleisch/Wurst - nicht einmal Käse. Auch das ist ein Signal: Ökos und Ex-Ökos, bleibt zu Hause.

Hinweise: Auszüge aus einem Diskussionspapier des Instituts für Ökologie zu Akzeptanz-Kriterien ethischer Geldanlagen nebenstehend (die Ökobank antwortete darauf inzwischen schriftlich: "Machen wir eh schon alles"!). Ende Januar findet ein Seminar zum Thema "Ökologie, Geld und Markt" in Berlin statt. Teil des Seminars wird der Besuch der Messe "Grünes Geld" sein. Das Seminar läuft vom 25.-27.1.2001. Näheres siehe Seite 16.

 

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Stand: 07. August 2008