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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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November 2005

Aus dem Inhalt
Ermittlungswahn fand ein Ende

LINKE IM AUFWIND ODER EGAL? STAATSMACHT UND / ODER APO?

Hilfe die Linkspartei (?/!) ist da

Sieben Jahre Rot-Grün haben das System unseres Sozialstaats grundlegend umgewälzt. Die Pflege des Erbes der Ära Kohl wurde angereichert mit ganz neuen, ganz innovativen, furchtbar mutigen Reformen. Schön frei und flexibel ist es jetzt hier, Deutschland kann weltweit Kriege führen, die Bosse dürfen nach Belieben heuern und feuern, die Löhne befinden sich ganz entspannt im freien Fall, und das Unternehmertum blüht in unzähligen Ich-AGs.

Elisabeth Voß, Redaktion Berlin - In den Kollektiven der letzten 30 Jahre wurde die heutige Erwerbsarbeitsrealität oft schon gelebt: mobil, flexibel, eigenverantwortlich und engagiert arbeiteten wir mit hohem Einsatz für Niedriglöhne. Aus der Kritik an entfremdeten Ausbeutungsverhältnissen und einem entmündigenden und repressiven Staat entstanden vielfältige selbstorganisierte Projekte und Bewegungen für ein "Leben ohne Chef und Staat". An die Stelle herkömmlicher Organisierung in Parteien und Gewerkschaften trat die "Politik der ersten Person" mit unterschiedlichsten Formen persönlich-politischer Selbstverwirklichung, fantasievollen Spontiaktionen, autonomen Hausbesetzungen....

Heute müssen wir mehr oder weniger hilflos zusehen, wie Staats- und Gewerkschaftshetze als medial hochglanzpolierte Begleitmusik zur Abschaffung von Sozialstaat, Tarifverträgen und staatlichen Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen. Die Freiheit von der wir träumten, fällt uns als Deregulierung auf die Füße, Engagement und Eigenverantwortung sollen wir jetzt in Billigjobs zeigen - die Ideale von einst zeigen als Wiedergänger eine schaurige Fratze. Wer hat die Definitionshoheit in diesem Land?

Am Wahlwochenende zitierte Tom Schimmek in der tageszeitung (taz) unter dem Titel `Arschlochalarm!' den 33jährigen Daniel Dettling von `berlinpolis': "`Unsere Vorgängergeneration hat die APO gemacht, wir machen Denkfabriken', sagt der Direktor der `Denkfabrik der nächsten Generation'. Er will eine `konstruktive APO' machen, träumt von neuen `Handlungs-Eliten'. Das `enge Korsett der Siebziger und Achtziger', findet Dettling, war irgendwie `miefig', `ohne Vision von sich selbst'. Passt so gar nicht zum `radikal beschleunigten Wandel' der Gesellschaft. `Wir haben uns im selben Jahr wie Attac gegründet.'"

Seine Kunden sind Konzerne, Unternehmensverbände und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die als Vorhut des Neuen Denkens von Arbeitgeberverbänden - allen voran Gesamtmetall - und dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln getragen wird, und selbst von der "Zeit" als "Lautsprecher des Kapitals" bezeichnet wird. Unter www.chancenfueralle.de öffnen sie den Giftschrank ihrer Reformvorschläge. Für die passende Stimmung sorgen die Cocktails am INSM-eigenen Bundespressestrand und die Gute-Laune-Kampagne, in der sich unter Führung der Bertelsmann-Stiftung die ganze Bandbreite der Gehirnwäsche-Industrie zusammen gefunden hat, denn: "Du bist Deutschland".

Diese Kultur der großen Koalition hat nun ihr politisches Pendant gefunden. Ist damit der Rollback perfekt? Werden Begriffe wie "sozial", "Gerechtigkeit" oder "Solidarität" jetzt endgültig ersetzt durch "neu", "Chancengleichheit" oder "Eigenverantwortung"? Werden zukünftig Städte wie Unternehmen geführt, z.B. per Managementauftrag an Bertelsmann (wie durch seine Tochterfirma Arvato AG im britischen East Riding of Yorkshire)? Wird das globale Kapital sich nach und nach alle Infrastrukturen einverleiben und immer größere Bevölkerungsteile der Armut und Ausgrenzung preisgeben?

Oder gibt es endlich klare Verhältnisse, wenn nicht mehr "wir" regieren, und hat "die" Linke dadurch jetzt die historische Chance, sich selbst zu definieren und quer durch viele Schichten der Bevölkerung für eine breite soziale Protestbewegung zu mobilisieren? Brauchen soziale Bewegungen einen parlamentarischen Arm, und welche Einflussmöglichkeiten haben sie, um gemeinsam mit diesem etwas zu bewegen? Die Vernunftpartnerschaft von PDS und WASG nehmen wir als Anlass, über Strategien zur Umsetzung politischer Forderungen von unten zu diskutieren, vor allem unter der Fragestellung, welchen Stellenwert selbstorganisierte Strukturen und Unternehmungen darin haben.

Schwerpunktthema auf den Seiten 7 bis 9 

 

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Stand: 07. August 2008