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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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November04

Aus dem Inhalt
3. Europäisches Sozialforum

IST KONFLIKTLÖSUNG ERLERNBAR?

Keule, Keile und Krawall

Am Anfang sieht alles ganz leicht aus: Eine Gruppe
Menschen findet sich zusammen, um gemeinsam ein
Haus zu bewohnen, eine Zeitung zu machen, gegen den
alltäglichen Rassismus oder Umweltzerstörung zu
kämpfen. Viele bleiben nicht bei einer punktuellen
Kritik, sondern merken schnell, dass die heutigen
Gesellschaftsverhältnisse von kapitalistischer
Verdrängungskonkurrenz bis patriarchaler Unterdrückung
die eigentliche Ursache des Problems sind.


Uta Knischewski, Redaktion Dresden - Auch die Formen des Umgangs miteinander müssten also in alternativen Gruppen anders aussehen, wenn es denn irgendwann anders werden soll. Zunächst scheint sich ja dieser neue Umgang von selbst zu ergeben. Der gemeinsame Elan beflügelt alle Gruppenmitglieder. Erste Erfolge steigern das Hochgefühl. 

Doch bald wird es ruhiger, bleiben größere Erfolge aus. Jedenfalls ist der Kraftaufwand aus Anfangszeiten nicht auf Dauer durchzuhalten. Und nun wird es kompliziert. Die Gruppenmitglieder stellen langsam fest, dass sie doch sehr unterschiedlich sind. Einige haben längst wieder Themen gefunden, die ihnen wichtiger sind und verabschieden sich. Andere sind es eher gewohnt, unter  Anleitung zu arbeiten und erwarten von ein paar hyperaktiven Machern, dass sie die Entscheidungen treffen. Die Macher glauben, dass die Gruppe effizienter arbeitet, wenn nicht erst alle Mitglieder gefragt werden müssen. Sie können gut reden und haben die Außenkontakte zu Presse und Politik. Hierarchien bilden sich heraus, formelle durch Vorstandswahlen, informelle, wenn immer wieder die selben Leute regelmäßig zu den Gruppentreffen kommen oder eben besonders gut miteinander können. Wieder andere wollen gerade solche Hierarchien verhindern und stillere Gruppenmitglieder zur Entwicklung ihrer eigenen Fähigkeiten ermutigen. Einige fühlen sich eben dadurch unter Erfolgsdruck gesetzt und geben auf. Außerdem kommen neue Leute dazu, die an den Grundfesten des Gruppenselbstverständnisses rütteln und völlig neue Ideen mitbringen. Dann gibt's ja auch noch die Situation, dass es Faule und Macher gibt. Und wer das meiste macht, hat auch das meiste zu sagen. Das scheint schon fast ein Naturgesetz zu sein.

Wie gehen nun Gruppen mit ihren Konflikten um? Schaffen es die Gruppenmitglieder, miteinander das Problem für alle zufriedenstellend zu lösen? Oder regiert auch hier das Gesetz des Stärkeren, also die Gewalt? Teilt sich die Gruppe oder löst sie sich sogar auf? Schottet sie sich nach außen ab, verjagt die Gruppe Neugierige durch unverständliche Sprache und Rituale? Gelingt es jetzt noch, gleichberechtigten Umgang miteinander hinzukriegen?

Gut wäre sicher gewesen, sich von Anfang an auf "Spielregeln" im Konfliktfall zu verständigen. Sinnvolle Regeln aufstellen können wir aber nur dann, wenn wir uns die Konflikte vorstellen können, die noch gar nicht existieren. Wer macht schon gerne solche Sprünge in die Zukunft? Ein gutes Regelwerk zu entwickeln und das dann auch noch ständig weiter zu entwickeln, überfordert jedoch die Zeitreserven der meisten Gruppenmitglieder. Die knappe freie Zeit wollte mensch doch eigentlich mit Umweltschutz oder antirassistischen Projekten verbringen, nicht mit dem Erlernen gruppendynamischer Prozesse und "Konfliktmanagement"! Wenn wir Christoph Spehr glauben wollen ("Gleicher als Andere - Eine Grundlegung der freien Kooperation"), dann kommen wir in einer wirklich freien Kooperation nicht drumrum, ein Viertel des Tages mit Verhandeln zuzubringen. Ist denn das überhaupt auszuhalten?

Die hier beschriebene Problemlage ist nur eine von vielen denkbaren, in die alternative Gruppen geraten können. Ebenso vielfältig sind die Lösungen, die diese Gruppen für sich gefunden haben. Konsens oder lieber nicht, Plenum oder lieber Kleingruppen, lautstarker Streit oder Suche nach weitgehender Harmonie? Konfliktlösung intern oder mit Unterstützung von außenstehenden ModeratorInnen? Oder ist die Gruppe als offener Raum vorstellbar, in dem überhaupt keine Entscheidungen getroffen werden müssen, sondern die Mitglieder gleichberechtigt und punktuell kooperieren und streiten? Und die einzige Regel ist die, dass es keine Regeln gibt?

Die perfekte Lösung gibt es nicht, aber Anregungen zum Nachdenken im Schwerpunkt

auf Seite 7 bis 10

 

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Stand: 07. August 2008