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Japan: Zwangsprostitution

JAPAN: TABUTHEMA ZWANGSPROSTITUTION

Später Sieg für "Trostfrauen"

Zwangsprostitution und Trostfrauen - diese Begriffe waren für das offizielle Japan mehr als ein halbes Jahrhundert lang tabu. Das lebenslange Leid, die Traumatisierung und die Not der Frauen, die Opfer dieser Verbrechen sind, wurde in Japan schlichtweg totgeschwiegen und war auch international nur wenigen Interessierten bekannt.

Redaktion Heidelberg - Das verwundert dann nicht, wenn man weiß, dass diese beiden Begriffe für eines der dunkelsten Kapitel und eines der schändlichsten Verbrechen der Geschichte Japans vor und während des Zweiten Weltkriegs steht: Die Verschleppung von schätzungsweise 200.000 Frauen und Mädchen aus Ländern Ostasiens - vor allem aus Korea - in japanische Truppenbordelle, wo sie jahrelang missbraucht wurden.

Diese ehemaligen Sexsklavinnen, die auch unter der beschönigenden Bezeichnung "Trostfrauen" bekannt sind, haben jetzt, nach über 50 Jahren, einen symbolischen Sieg über den damaligen Tenno Hirohito und die kaiserliche japanische Armee errungen. Das in den Haag tagende internationale Frauentribunal für Kriegsverbrechen des japanischen Militärs, bei dem die höchsten Instanzen Japans - wenn auch nicht persönlich - auf der Anklagebank saßen, erkannte alle wesentlichen Anklagepunkte an. Der japanische Kaiser, sein Ministerpräsident in den Kriegsjahren, General Hideki Tojo, sowie weitere acht Generäle - keiner von ihnen lebt mehr - wurden für schuldig befunden, im Zweiten Weltkrieg Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben.

Das Gericht erklärte am 4. Dezember in seinem fast 250 Seiten umfassenden Urteil ferner, die heutige Regierung Japans habe die Verpflichtung, die Opfer der "Troststationen", so die Bezeichnung für die japanischen Militärbordelle im Zweiten Weltkrieg, zu entschädigen. Dazu gehören nach Auffassung des Gerichts Entschädigungszahlungen ebenso wie die Rückführung derjenigen noch lebenden Opfer, die dies wünschen, und die Rückkehr der sterblichen Überreste bereits verstorbener Opfer. Die Regierung in Tokio solle darüber hinaus eine umfassende Untersuchung des Systems der "Troststationen" vornehmen, alle relevanten Dokumente veröffentlichen, die Haupttäter identifizieren und bestrafen. Schließlich sollte die japanische Regierung dieses Thema als einen Teil der Geschichte des Landes in die Lehrbücher aller Schulen aufnehmen.

Vor allem aber soll Japan dem Spruch des Tribunals zufolge eine "umfassende und offene Entschuldigung" aussprechen. Erst im Jahre 1993 hatte Japan eingestanden, dass es diese sogenannten "Troststationen" überhaupt gegeben hat. Die Regierung gründete 1995 den durch private Spenden getragenen Asiatischen Frauen-Fonds, um die Zwangsprostituierten zu entschädigen. Sowohl das Geld, als auch die Erklärung des damaligen Ministerpräsidenten Tomiichi Murayama, die Troststationen seien "in keiner Weise entschuldbar", wurden von den meisten Überlebenden als völlig unzureichend zurückgewiesen. Auch die Vereinigten Staaten werden vom Tribunal in die Pflicht genommen. Sie sollen eingestehen, dass sie nach der bedingungslosen Kapitulation Japans 1945 die Untersuchung und Bestrafung dieser Verbrechen an Frauen aus mehreren asiatischen Ländern unterlassen hätten.

Das in den Haag tagende Frauentribunal ist ein Volksgericht, das von asiatischen Frauenorganisationen und Menschenrechtsorganisationen organisiert und von Nichtregierungsorganisationen weltweit unterstützt wurde. Den Vorsitz führte die amerikanische Richterin Gabrielle Kirk McDonalds, die auch schon den Vorsitz des Internationalen Strafgerichts für Ex-Jugoslawien innehatte.

Neben ihr saßen auf der Richterbank die ehemalige Vorsitzende der Internationalen Richterinnenvereinigung, Carmen Mar¡a Argibay aus Argentinien, die Rechtsprofessorin Christine Chinkin aus dem Vereinigten Koenigreich und der kenianische Rechtsprofessor Willy Muntunga. Das Tribunal hat jedoch keinen rechtlichen Status und wird von Japan, den Vereinigten Staaten und anderen Ländern nicht anerkannt. Somit hat es auch keine Möglichkeit, sein Urteil zu vollstrecken. Japan ignorierte das Verfahren gänzlich, und US-Präsident Bush erklärte im November, er werde die Kampagne der Trostfrauen nicht unterstützen.

Anders wird diese Verbrechen von den Vereinten Nationen bewertet: Im August 1998 verurteilte ein Unterausschuss der UN-Menschenrechtskommission den Missbrauch der Frauen als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er forderte Japan auf, die Verantwortlichen vor ein japanisches Gericht zu stellen und die ehemaligen Zwangsprostituierten zu entschädigen.

Die japanische Regierung war nach der Urteilsverkündung zu einer Stellungnahme nicht bereit. Die japanische Botschaft in den Haag verweigerte ehemaligen Trostfrauen den Zutritt, als sie eine Kopie des Urteils überbringen wollten. Kim Young Suk aus Nordkorea, die im Dezember 2000 in Japan in einer Vernehmung als Zeugin zu diesen Verbrechen ausgesagt hatte, erzählte, dass sie zwölf Jahre alt gewesen sei, als sie von den japanischen Militärs zur Prostitution gezwungen wurde: "Ich bin jetzt über 70 Jahre alt und ich kann nie vergeben. Ich bin nicht für Geld hierher gekommen, und auch nicht, um Mitleid zu erhalten. Ich möchte nur, dass Sie sehen, dass ich meine Jugend, mein Leben verloren habe."

Weitere Informationen unter: http://www.iccwomen.org

Aus: Missionsdienst Dezember 2001 / Missionszentrale der Franziskaner

 

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Stand: 07. August 2008