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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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Alternative Ökonomie

Fortsetzung von Seite 1

Hat die alternative Ökonomie eine Zukunft? 

Die Alternativen der Alternativen 

Teile dieses neuen Mittelstands sind jedoch auch neuer "postmaterieller" Wertorientierung geworden und suchen sowohl im ökonomischen als auch im ökologischen sozialkulturellen und politischer Bereich nach neuen Wegen – statt Orientierung am Haben, Orientierung am Sein, statt fremdbestimmte Leistung Selbstverwirklichung, statt Konkurrenz Solidarität, statt Ausbeutung der Natur, Suche nach einem neuen Ausgleich, statt Bürokratisierung und Zentralisierung, Dezentralisierung und Unterstützung selbst organisierter Lösungen... Die Dringlichkeit solcher Neuorientierung ist auf dem Hintergrund der vielfältiger ökonomischen, ökologischen, politischen und sozialen Krisen in den letzten Jahren von immer neuen sozialen Bewegungen deutlich gemacht worden –von der Friedens- und Ökologie-, der Gesundheits- und Bürgerrechts-, der Frauen- und Alternativbewegung – bei allen Unterschieden und vielfältigen Widersprüchen in zahlreichen anderen Fragen.  

Die selbstorganisierten Projekte die wir in diesem Buch vorstellen wie der gesamte Bereich der alternativen Ökonomie, werden nur auf diesem Hintergrund verständlich und erhalten erst im Zusammenhang mit den großen sozialen Bewegungen, die gewissermaßen ihren Resonanzboden darstellen, gesellschaftliche Bedeutung. Denn quantitativ ist die Zahl der Arbeitsplätze im alternativökonomischen Sektor bei einem Anteil von nicht einmal 1% der Gesamtbeschäftigten gering bis marginal. Und als sich vor ca. einem Jahrzehnt die ersten Landkommunen und Entrümpelungskollektive bildeten, wurden diese eher als Exoten betrachtet – geduldet oder befehdet wie andere als "nicht normal" angesehene Außenseiter, vergleichbar etwa dem "fahrenden Volk". 

Dies hat sich – zumindest in großen Teilen der Bevölkerung – deshalb geändert, weil sich die gesellschaftlichen Bedingungen drastisch gewandelt haben, und zwar objektiv wie subjektiv: Strukturelle Arbeitslosigkeit, neue Armut, ökologische und politische Katastrophen( -gefahr) und die sich dagegen engagierenden neuen sozialen Bewegungen haben dazu geführt, daß viele Problemdefinitionen der Alternativbewegung heute eine "Massenbasis" haben. Und nur weil und soweit die Projekte ein millionenfach artikuliertes Unbehagen in konkrete und im Alltag lebbare Alternativen umzusetzen suchen, haben sie sowohl politisch als auch ökonomisch eine Chance: Weil die traditionelle Kleinfamilie viele Bedürfnisse nicht mehr abdeckt und herkömmliche Nachbarschafts- und Quartiersbeziehungen von bedeutenden gesellschaftlichen Gruppen entweder als zu kontrollierend oder als zu oberflächlich oder nicht tragfähig empfunden werden, sind Experimente mit neuen Lebensformen mehr als bloß exotisch. Weil die Entfremdung am Arbeitsplatz, die Abschottung von Arbeit und Freizeit, Produzieren und Konsumieren zunehmend als Probleme begriffen werden, gibt es ein gesteigertes öffentliches Interesse an selbstbestimmten Formen der Arbeit und an Versuchen, Arbeiten, Leben und Wohnen zu verbinden. Weil nicht genügend Normalarbeitsplätze vorhanden sind und immer mehr davon verloren gehen, stehen selbstorganisierte Beschäftigungen und Betriebsübernahmen auf der Tagesordnung. Weil die Umweltverschmutzung und -vernichtung offensichtlich weit fortgeschritten sind, besteht Bedarf an ökologisch angepaßten Produkten und Produktionsweisen. Weil das traditionelle Schul- und Berufsausbildungssystem die gegenwärtigen quantitativen und qualitativen Probleme nicht mehr meistert, haben neue Initiativen auch in diesem Bereich eine Chance...  

Es scheint, als würden sowohl die klassischen und politischen gesellschaftlichen Institutionen als auch die verschiedenen Teile der Alternativbewegung sich dieses Sachverhalts nur langsam bewußt. Beide schwanken in ihren Reaktionen zwischen Abschottung und Öffnung.  

So versucht etwa der Staat als Gralshüter des gesellschaftlichen Status quo und als Polizeimacht, die Alternativen zu unterdrücken. Als Mitorganisator gesellschaftlichen Wandels und als "Sozialamt" zeigt er hingegen Interesse an den hier neu entwickelten Modellen und Möglichkeiten der Lebensunterhaltssicherung (in Berlin sehr anschaulich personifiziert im Innensenator Lummer bzw. dem Sozialsenator Fink). Dabei kommt bei dem in den letzten Jahren spürbar gestiegenen Interesse an Selbsthilfe und Selbstorganisation noch ein finanzieller Aspekt hinzu: Weil kein politischer Wille vorhanden ist, die mit mächtigen Lobbies ausgestatteten milliardenschweren Bereiche etwa der Rüstung, der Staatssicherheit oder bestimmter Wirtschaftssubventionen abzutasten, besteht die Tendenz, im weniger lobbyistisch geschützten Sozialbereich öffentliche Mittel einzusparen und durch kostenlose oder billigere Selbsthilfe zu ersetzen. So schwankt staatliches Handeln häufig zwischen Zuckerbrot und Peitsche, zwischen Förderung und Disziplinierung selbstorganisierter Projekte, und es ist jeweils eine Frage der politischen Kräfteverhältnisse, welche Tendenz gerade obsiegt.  

Ähnlich bei den für die berufliche Bildung zuständigen Kammern: Wie am Beispiel der BDP-Lehrwerkstatt in Kapitel I dargestellt, wird hier zum einen versucht, mit allen Tricks selbstorganisierte Ausbildungsinitiativen zu behindern, während diese aufgrund des großen öffentlichen Problemdrucks zugleich offiziell begrüßt werden. Gleiches gilt für viele andere Institutionen, die u.a. aufgrund eingefahrener Organisationsroutinen und widersprüchlicher Interessen ihrer Klienten sich zum einen eher ablehnend verhalten, zum anderen jedoch auch nicht den vorhandenen objektiven Problemdruck und die Umorientierung in großen Bevölkerungskreisen leugnen können und zugleich Angst haben, neue Trends zu verpassen.  

Waren die Alternativprojekte nur Gegenmodelle versponnener Freaks oder isolierter politischer Avantgarden, wie die kommunistischen Gruppen der siebziger Jahre, wären sie nach bewährtem Muster zu kriminalisieren, auszugrenzen oder zu ignorieren. Nur ihre Einbettung in breitere soziale Bewegungen (vgl. etwa das Konzept der Öko-Bank in Kap. I) und ihre Signal- und Pilotfunktion für neue Problemlösungen verschafft ihnen –ganz ähnlich wie den Grünen und Alternativen in den Parlamenten – eine gesellschaftliche Chance. 

Hat die alternative Ökonomie eine Zukunft?  

Ob und wie diese Chance auch in der Zukunft genutzt werden kann hängt von vielen Faktoren ab, nicht zuletzt auch von der Dynamik der sozialen Bewegungen. Für das Thema dieses Buches – nämlich die Möglichkeit, Arbeitsplätze selber zu schaffen – scheinen uns folgende Gesichtspunkte besonders wichtig:  

1. Im Bereich der alternativen Ökonomie bestehen unseres Erachtens vor allem dann Chancen, in größerem Ausmaß weitere Arbeitsplätze zu schaffen, wenn sich die Initiativen auf die neuen sozialen Bewegungen und die von diesen hervorgebrachten und oben kurz skizzierten neuen Bedürfnisse und Werte beziehen. Nur durch einen im folgenden noch näher erläuterten engen und ständigen Austausch mit entsprechenden Zusammenhängen kann es nämlich gelingen, einen auf gleiche Bedürfnisse und Werte gegründeten Markt zu entwickeln und diese neuen Bedürfnisse so zu konkretisieren, daß sie in entsprechende Güter und Dienstleistungen umgesetzt werden können. Projekte, die sich isolieren oder mit "normalen" Produkten auf dem anonymen Markt konkurrieren, werden langfristig sowohl Probleme der Sinndefinition (worin sind wir eigentlich alternativ?) als auch der Marktmacht (wie z.B. kapitalkräftigerer Konkurrenz etc.) haben. Schaffen und beziehen sich Projekte hingegen auf ein entsprechendes Umfeld, wird sowohl die Produktions- wie Arbeitsplanung, Werbung wie Kapitalbeschaffung einfacher und die Produzenten-Konsumenten-Beziehung menschlicher. In diesem Zusammenhang wäre darüber nachzudenken, wie z.B. die Erfahrungen von Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften in der Landwirtschaft auch auf andere Sektoren übertragen werden können. Dies meint nicht eine Beschränkung auf den engen Markt der Alternativszene, sondern auf die Millionen Menschen, die sich hierzulande gegen Umweltzerstörung, Aufrüstung, Bürokratisierung und Verdatung zur Wehr setzen.  

2. Zufällige Einfälle und der schlichte Wunsch, selbst anders arbeiten und leben zu wollen, sind allein eine wenig tragfähige Basis für neuzuschaffende Arbeitsplätze. Auch ist die Frage, worin der gesellschaftliche Nutzen der 36. alternativen Druckerei oder Schreinerei in einer bereits versorgten Gegend bestehen soll. Wenn wirklich perspektivenreiche und eine Region bereichernde Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, setzt dies eine konkretisierte Vorstellung über menschlichere und ökologisch angepaßte Güter und Dienstleistungen und eine darauf bezogene "alternative" Regionalanalyse und -planung voraus. Dabei werden sich, das ist unsere zweite These, große Markt- und Versorgungslücken zeigen, wenn man die durch die neuen sozialen Bewegungen aktualisierten und auf diese ja nicht begrenzten Bedürfnisse zugrunde legt – wie etwa das Interesse an gesunder Ernährung oder humaner vorbeugender medizinischer Versorgung:  

Kinder-, Alten- und Krankenbetreuung in gewohntem sozialem Umfeld und befriedigenden menschlichen Beziehungen; biologischer Bauweise und gesundem Wohnen; Energieeinsparung und dezentraler Energiegewinnung; Wassereinsparung, Recycling und problemadäquater Müllentsorgung; kreativen Freizeit-, Sport- und Kulturmöglichkeiten und sanftem Tourismus; Auskünften über den Nitritgehalt des eigenen Trinkwassers oder die Cadmiumbelastung der Gartenerde usw. usw. Die jahrzehntelang in vielen Bereichen nach Macht- und Profitlogik entwickelten menschen- und umweltfeindlichen Strukturen und Techniken drängen geradezu nach alternativen Lösungen, für die die oben genannten Bewegungen sowohl ein Bewußtsein als auch einen Markt geschaffen haben.  

3. Um solche alternativen Konzepte zu entwickeln und zu realisieren, bedarf es des Zusammenwirkens aller an menschlicheren Arbeitsbedingungen interessierten gesellschaftlichen Kräfte. Es reicht nicht aus, wenn sich Kai Anders, Hans Ganz-Anders, Frohlinde Sonnenschein und Friede Freude zusammensetzen, um "ihr Ding" zu planen. Um sowohl Arbeitsplätze als auch gesellschaftliche Veränderung in größerem Stil zu realisieren, bedürfte es vielmehr der gemeinsamen Anstrengungen der Bürger- und Selbsthilfeinitiativen und ihrer Zusammenschlüsse, unterstützt durch kooperationsbereite Personen aus z.B. Gewerkschaft, Parteien, Kirchen, Universitäten, Planungsinstitutionen etc. jeweils einer Region, um etwa in Form einer "großen Klage" Strukturdefizite und mögliche Alternativen festzustellen. Die Erhebungsform läßt sich sowohl als Straßentheater denken, das durch Stadtteile und Dörfer zieht und die Passanten animiert, ihre wirklichen Wünsche zu artikulieren, als auch als Tiefeninterviews mit Bürgern und Initiativen...  

Ist klar, was in einer Region anliegt, nottut und Zukunft hat, wären konkrete Problemlösungspunkte zu entwickeln und von an entsprechenden Selbsthilfeprojekten Interessierten umzusetzen. Viele Kenntnisse sind bereits vorhanden und müssen nur angewandt werden – z.B. könnte das gesamte Trinkwasserproblem, statt ganze Regionen durch Grundwasserabpumpen trockenzulegen oder durch Talsperren zuzuschütten, mit Hilfe längst bekannter, technisch zum Teil verblüffend einfacher Lösungen (Sanierung der Toilettenspülung, der Wasserhähne, Brauchwasseraufbereitung, Regenwassernutzung etc.) relativ schnell alternativ angegangen werden. Und die Sache würde sich sowohl für die Selbsthilfeinitiativen wie die Hausbesitzer und Mieter lohnen. Und wer wäre nicht bereit, sein Formaldehydvergiftetes Bücherregal durch ein ungiftiges auszutauschen; anstelle sich in ein Alters- und Pflegeheim abschieben, in der eigenen Wohnung versorgen zu lassen etc. etc. Zu anderen Bereichen mag der Transfer von Forschungswissen von technischen Universitäten und Hochschulen, zu wieder anderen eigene Forschung nötig sein. Das ist sowohl zu organisieren als auch, wie in Kapitel II dargestellt, prinzipiell zu finanzieren – wenn solche Arbeit nicht von allein von isolierten Selbsthilfeprojekten geleistet werden muß, sondern von z.B. in kommunalen Selbsthilfezentren angesiedelten alternativen Regionalplanungsinitiativen unter Nutzung aller menschlichen, institutionellen, wissenschaftlichen und finanziellen Ressourcen.  

4. Um die auf diese Weise herausgefundenen Bedürfnisse zu befriedigen und die neuen Konzepte umzusetzen, bedarf es einer Reihe von Qualifikationen, über die gerade viele Arbeitslose nicht verfügen werden, nicht zuletzt, weil unser Bildungs- und Ausbildungssystem immer noch den Fachidioten züchtet. Neben soliden, breitangelegten Fachkenntnissen sind nämlich insbesondere Kreativität und Selbstorganisationskompetenzen gefragt, um die beschriebenen Probleme zu meistern. Demgemäß wären entsprechende Qualifikationsprozesse zu organisieren: Anlernen, Ausbildung, Fortbildung, Umschulung. Auch dafür stehen, wie im II. Kapitel näher ausgeführt, einige Finanzierungsinstrumente schon bereit. Und, wie etwa die Beispiele der BDP-Mädchenlehrwerkstatt, der AU-COOP oder der Baufirma Ökotopia in Kapitel I zeigen, existieren hier auch bereits eine ganze Reihe von Erfahrungen.  

5. Wenn sogar relativ isolierte Selbsthilfeprojekte Arbeitsloser zigtausend neue Arbeitsplätze zu schaffen vermochten, könnte durch die Zusammenfassung aller an einer humanen und ökologischen Wende Interessierten zu einer jeweils auf regionaler Ebene organisierten und überregional verknüpften Unterstützungsstruktur für selbstorganisierte Initiativen sicher ein Vielfaches erreicht werden. Wieviel, hängt jedoch auch sehr stark von den Bedingungen ab, die die staatliche Politik setzt. Wenn sich viele der bisher entstandenen Initiativen trotz bürokratischer Auflagen, rechtlicher Hindernisse, amtlicher Hürden und fehlender Mittel durchzusetzen vermochten, was müßte dann mit forcierter öffentlicher Förderung möglich sein?  

Entsprechende Erfahrungen aus anderen Ländern belegen diese Vermutung: So wurden etwa durch die "Local Initiatives Programme" 1971–1976 in Kanada jährlich ca. 50.000 neue Dauerarbeitsplätze in selbstorganisierten Projekten geschaffen die Güter und Dienstleistungen erstellten, die im bisherigen Versorgungsspektrum von Staat und Markt qualitativ oder quantitativ unterrepräsentiert waren oder fehlten. Die als gemeinnützig und steuerbegünstigt anerkannte Assoziation von über 100 Kooperativen und Genossenschaften "Mondragon" im spanischen Baskenland (vgl. Gretschmann, S. 106 ff.) oder die öffentlich geförderten Beratungsinitiativen – boutiques de questions – in Frankreich sind weitere Beispiele. 

Nötig und auch umsetzbar wäre vielerlei, z.B.:

– die Entwicklung passender Rechtsformen für selbstverwaltete Betriebe (vgl. zu entsprechenden Problemen, Ökotopia, Kapitel I),  

– die Förderung der oben beschriebenen regionalen Unterstützungsstrukturen inkl. einer Projektberatung, die in der Lage ist, die im II. Kapitel näher beschriebenen Förderungsinstrumente, Forschungs- und Beratungskompetenzen für Selbsthilfeinitiativen nutzbar zu machen,  

– die Unterstützung von Selbsthilfeinitiativen durch Überlassung von Land, Räumen, Werkstätten, leerstehenden Fabriken, Maschinen, Werkzeug, Inventar etc., die sich häufig ungenutzt in öffentlicher oder privater Hand befinden. Dies könnte z.B. über eine Stiftung erfolgen, die zum einen solche Ressourcen erschließt und vergibt und an die diese wieder zurückfallen, wenn ein Selbsthilfeprojekt scheitert oder sie nicht mehr benötigt;  

– eine Anlauffinanzierung, die die ersten 1 bis 2 Jahre überbrücken hilft, z.B. in Form personenbezogenen zu beantragender Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, kapitalisierten  Vorauszahlungen aus Ansprüchen nach dem Arbeitsförderungs- oder Bundessozialhilfegesetz und entsprechender Investitionshilfen;  

– zinsgünstige Kredite und Bürgschaften, wie sie nun z.B. durch das hessische Programm zur Förderung selbstverwalteter Betriebe erstmals in einem Bundesland in größerem Umfang zur Verfügung stehen;  

– Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im oben entwickelten Sinne;  

– Erhöhung der öffentlichen Zuschüsse für selbstorganisierte Initiativen in Bereichen, in denen eine eigenwirtschaftliche Absicherung kaum möglich ist, wie etwa im pädagogischen, sozialen oder kulturellen Bereich;  

  Förderung von Ausbildung, Fortbildung und Umschulung im oben entwickelten Sinne, auch wenn die jeweiligen Personen nicht den Kriterien der bisherigen Programme (wie etwa dem Arbeitsförderungsgesetz) entsprechen;  

– Änderung des Einkommensabzugs bei Zuverdienst von Arbeitslosengeld- oder -hilfeempfängern z.B. dergestalt, daß der enorm hohe Abzug erst einsetzt, wenn der Zuverdienst das jeweilige gesellschaftliche Durchschnittseinkommen übersteigt;  

– oder auch die von Bartsch/Grottian vorgeschlagene Änderung des § 10b Einkommensteuergesetz in der Weise, daß Spenden an gemeinnützige Organisationen, mit denen nachweisbar neue Arbeitsplätze geschaffen werden, zu 80 % von der Steuerschuld abgezogen werden können (vgl. Ökologisch leben 1984, S. 61 ff.).  

Unter bestimmten Bedingungen hätte die alternative Ökonomie also blendende Chancen, sich erheblich auszuweiten. Alles hängt davon ab, ob diese Bedingungen durchgesetzt werden können. 

Diethelm Damm

 

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Stand: 06. Dezember 2009