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Monatszeitung für Selbstorganisation

 

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Soziale Absicherung

Alternativen?

Kollektivbetriebe und soziale Absicherung

Wenn im folgenden von Kollektivbetrieben die Rede ist, so werden hierunter die Betriebe gefaßt, die von ihrem Selbstverständnis sowie ihren Mitwirkungs- und Entscheidungsstrukturen her selbstverwaltet arbeiten. Die gewählte Rechtsform ist hier uninteressant, da sie steuerrechtliche, haftungsrechtliche oder auch versicherungsrechtliche Ursachen hat.

Zu den Problembereichen dieser Betriebe gehören nicht nur die Finanzierung, Gesellschaftsform, bzw. -vertrag, usw..., sondern genauso die soziale Absicherung bei Krankheit, Unfall, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit und Altersvorsorge.

Von Harald Deerberg, Bremen - Grundsätzlich kann festgestellt werden, daß der Bereich der sozialen Absicherung ziemlich im Argen liegt. Bestimmte Vorsorgebereiche sind schlecht oder sogar gar nicht abgesichert.

 

Dieses ist aber nicht nur ein Problem der Kollektivbetriebe, sondern ein Problem des „Kleinunternehmertums" überhaupt. Die soziale Absicherung kostet Geld, dieses aber ist, insbesondere in diesen Betrieben, durchweg knapp, so daß vielfach nur eine Mindestabsicherung erfolgt oder nach anderen Möglichkeiten gesucht wird.

1984-3a.jpg (180033 Byte)In der Regel wird das naheliegendste abgesichert, was jeder in der Vergangenheit mehr oder weniger schon erlebt hat, nämlich der Krankheitsfall. Alles andere kommt erst in zweiter Linie und wird oft vor sich hingeschoben, weil bisher nicht selbst erfahren oder auch nicht akut sichtbar, wie da sind die Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, der Unfall und die Altersvorsorge. Letzteres spielt die geringste Rolle. Daß die Altersversorgung an letzter Stelle liegt, hat meist wohl weniger finanzielle Ursachen. Abgesehen davon, daß manche aufgrund der politischen Lage (Kriegsgefahr) ein Erreichen des Rentenalters überhaupt anzweifeln, ist das Rentenalter in aller Regel noch soweit weg, daß man sich hierüber auch später noch Gedanken machen kann.

Hinzu kommt, daß im Bereich des Kleinunternehmertums die Altersvorsorge im Wesentlichen mit der Bildung von Vermögen verbunden ist. Dieser Gedanke ist natürlich vielen ein Greuel, insbesondere bei denen, die idealistisch an der Schaffung und Erhaltung eines eigenen, selbstverwalteten Arbeitsplatzes herangegangen sind und nicht vor Augen hatten, Vermögen zu bilden.

Letztlich spielt im gesamten Versicherungswesen der Punkt „Staatskritik" noch eine Rolle. Geld an die Sozialversicherungskassen zu zahlen, heißt, „dem Staat" Geld zu geben. Geld an private Versicherungskassen zu zahlen, bedeutet, mit den größten Kapitalgeber des Staates zu finanzieren. Ohne an dieser Stelle inhaltlich darauf einzugehen, geht es nur darum, den Widerspruch aufzuzeigen, den viele darin sehen: auf der einen Seite Staatskritik und auf der anderen Seite ein wie auch immer finanziertes, mit dem Staat verbundenes Versicherungswesen.

Verzicht auf Absicherung oder schlechte Absicherung haben zur Folge, daß Kollektivmitglieder dabei auf der Strecke bleiben. Folglich wird auch nach Alternativen gesucht und nicht nur in Richtung Umgehung von Zwangsversicherungen, wie z.B. die Pflichtversicherungen bei Hausgewerbetreibenden, die Versicherungspflicht bei den Berufsgenossenschaften oder die Versicherungspflicht von Arbeitern und Angestellten, wobei letztere durch die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung begrenzt ist. Dieses hat zur Folge, daß Gesellschaftsform, Gesellschaftsvertrag, Finanzierung und soziale Absicherung miteinander verknüpft sind.

Krankenversicherung
Aktueller Stand

Der in erster Linie abgesicherte Bereich ist der Bereich der Krankenversicherung. Nun bieten sich bislang zwei Alternativen an, nämlich einerseits die gesetzliche Krankenversicherung und andererseits die private Krankenversicherung, wobei an beide bestimmte Voraussetzungen geknüpft sind.

Aus haftungsrechtlichen Gründen wird, wenn das notwendige Haftungskapital von 50.000 DM gezeichnet werden kann, die GmbH als Gesellschaftsform gewählt. In aller Regel sind dann die Kollektivmitglieder Beschäftigte der GmbH. Wird die Grenze der geringfügigen Beschäftigung von 390 DM im Monat überschritten, dann bedeutet das, daß neben einer Belastung für die gesetzliche Krankenversicherung, die je nach Kasse zwischen 10,4 und 13% liegt, noch zusätzlich 18,5% Rentenversicherung und 4,6% Arbeitslosenversicherung derzeit zu zahlen sind. Mit anderen Worten, unterstellt man bei der Krankenversicherung einen Mittelwert von 12%, beläuft sich für das Kollektiv ohne Steuern die Belastung auf insgesamt 35,1% oder 351 DM auf 1.000 DM Lohnsumme.

Das ist für diese Betriebe, die in aller Regel unter chronischer Kapitalknappheit leiden und meist weit unter dem allgemeinen üblichen Einkommensniveau liegen, nur schwer oder gar nicht mehr tragbar. 

Haben die Kollektivmitglieder den Status eines Selbständigen, was ja auch bei der GmbH möglich ist, dann muß sich jeder selbst versichern. Für das Kollektiv sinken die Kosten, hingegen steigt der Bilanzgewinn.

Das hängt damit zusammen, daß die Lohnkosten von Beschäftigten in die Gewinn- und Verlustrechnung eingehen, den Gewinn also mindern. Selbständige, die nicht Angestellte sind, können zwar monatlich Geld aus der Firma ziehen, diese jedoch nicht als Personalkosten buchen, sondern als Vorwegentnahme von zu erwartendem Gewinn. Im Rahmen der Einkommenssteuererklärung können diese Kosten steuerlich abgesetzt werden.

Auch für den Einzelnen tauchen Probleme auf. Zum einen kann er sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versichern. Er zahlt damit zwar auch wieder die 10,4% bis 13%, spart hingegen, sofern er nicht Handwerksmeister ist und dem Handwerkerversicherungsgesetz unterliegt, die 18,5% Rentenversicherung sowie die 4,6% Arbeitslosenversicherung.

Auch bei der freiwilligen Versicherung gilt der Grundsatz, daß die Einkommenshöhe für den Beitrag entscheidend ist. D.h., der Selbständige muß sein voraussichtliches Einkommen angeben und zahlt hierauf zwischen 10,4 und 13%. Da die Kassen von den branchenüblichen Einkommensverhältnissen ausgehen und dazu noch unterschiedlich, gibt es keine festen Beiträge. Der Monatsbeitrag kann 160 DM betragen, genauso aber auch 220 DM oder 450 DM.

Die zweite Möglichkeit ist die private Krankenversicherung. Der Beitrag der privaten Krankenversicherung richtet sich entgegen der gesetzlichen nicht nach dem Einkommen, sondern nach dem Eintrittsalter, Geschlecht, der Risikoeinschätzung aufgrund von früheren und vorhandenen Erkrankungen, und den vereinbarten Leistungen.

Durch die Möglichkeit, die Leistungen frei vereinbaren zu können, insbesondere durch eine Selbstbeteiligung an den Kosten im ambulanten Bereich, läßt sich so der Beitrag zur privaten Krankenversicherung nicht unwesentlich gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung senken.

So zahlt beispielsweise ein 29jähriger mit einer Selbstbeteiligung im ambulanten Bereich von jährlich 900 DM, vereinbarten Regelleistungen im stationären Bereich, sowie Zahnbehandlung 100% Ersatz, Zahnersatz 80% in der privaten Krankenversicherung nur 100 bis 120 DM. Die Ersparnis beträgt optisch erst einmal 50% und mehr. Damit sind zwar die Kosten für Behandlung, Medikamente, Heilmittel, Operationen etc. minimal abgesichert, jedoch muß fairerweise die Selbstbeteiligung in diesem fall auf das Jahr umgelegt werden, so daß effektiv maximal 200 DM aufzuwenden sind. Bleibt am Jahresende etwas über, dadurch, daß der Betreffende die 900 DM Selbstbeteiligung nicht ausgeschöpft hat, ist die Ersparnis entsprechend höher.

Die Selbstbeteiligung senkt zwar die laufenden Kosten und ansonsten sind die großen finanziellen Risiken (Operation, Zahnersatz) abgesichert, jedoch kann die Selbstbeteiligung dazu führen, daß der Betreffende weniger zum Arzt geht oder auf Medikamente verzichtet, einfach um geld zu sparen, was gesundheitsbelastende Spätfolgen nach sich ziehen kann. Ein weiterer für das Kollektiv wichtiger Punkt ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Ist das Kollektivmitglied angestellt, dann unterliegt es der Versicherungspflicht und erhält ab der 7. Woche Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse.

Derjenige, der sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versichert, der muß die Krankengeldleistung extra vereinbaren, ebenso wie der privat Versicherte über eine Krankentagegeldversicherung. In der gesetzlichen Krankenkasse erfolgen die Leistungen aber meist ab der 4. oder 5. Woche, in der privaten Krankenversicherung können sie auch früher vereinbart werden. Damit aber die ganze Sache noch finanzierbar bleibt, wird die private Krankentagegeldversicherung ebenfalls erst ab der 5. oder 7. Woche beginnen können. Eine Krankentagegeldversicherung ab der 7. Woche, mit welcher 1.500 DM im Monat abgesichert werden sollen, kostet, um bei dem Beispiel des 29jährigen zu bleiben, nochmals rund 11 DM im Monat.

Für das einzelne Kollektivmitglied werden über die private Krankenversicherung die Kosten gesenkt, damit auch die Belastungen für das Kollektiv insgesamt, andererseits gewisse Risikobereiche - Selbstbeteiligung im ambulanten Bereich, Lohnfortzahlung in den ersten 6 Wochen - erst einmal in Kauf genommen, vielleicht insgesamt oder teilweise über das Kollektiv abgesichert.

Für Kleinbetriebe bis 20 gewerbliche Beschäftigte gibt es noch die sogenannte Ausgleichskasse in der gesetzlichen Krankenversicherung. Für einen erhöhten Beitrag zur Krankenversicherung - die Erhöhung trägt der Arbeitgeber - trägt diese Ausgleichskasse bei gewerblichen Pflichtversicherten in den ersten 6 Wochen 80% der Lohnfortzahlung. Diese Form mindert das finanzielle Risiko für das Kollektiv, belastet es aber durch zusätzliche Beiträge.

Probleme ergeben sich, wenn ein Kollektivmitglied arbeitslos wird. War es pflichtversichert, so hat es - vorausgesetzt die Mindestbeschäftigungszeit ist erfüllt - Anspruch auf Arbeitslosengeld und ist pflichtversichert über das Arbeitsamt. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld dürfte, bedingt durch die vorherrschende geringe Einkommenshöhe, nicht hoch sein.

Freiwillig und privat Versicherte erhalten kein Arbeitslosengeld, bzw. keine Arbeitslosenhilfe - der Tatbestand, daß noch Ansprüche bestehen, dürfte kaum vorkommen -, sind folglich auch nicht pflichtversichert. Der freiwillig Versicherte kann seinen Beitrag auf den Erwerbslosentarif senken. Auch hier gilt das Prinzip der Relation von Beitrag und Einkommen.

Die Krankenkasse kann Einkommensnachweise verlangen. Wann sie das machen wird, wird unterschiedlich gehandhabt. Das kann bereits noch zwei oder drei Monaten sein, genauso nach einem Jahr.

Der privat Versicherte wird kaum erreichen, daß sein Beitrag gesenkt wird. Auch er kann im Falle der Arbeitslosigkeit seine Mitgliedschaft nur kündigen oder den hohen Beitrag in Kauf nehmen. Ansonsten bleibt nur noch die Möglichkeit, ebenfalls zum Sozialamt zu gehen oder anderweitig einen Zustand herzustellen, über den er wieder versicherungspflichtig wird.

Ein weiteres Problem in der privaten Krankenversicherung kann auftauchen, wenn die Ehefrau oder der Ehemann und Kinder mitversichert sind.

(...) die den einzelnen oder das Kollektiv wenig belasten, werden die damit zusammenhängenden Probleme durchaus in Kauf genommen. So ist eine Variante die Immatrikulation an einer Universität. Derjenige wird versicherungspflichtig und kann sich in der gesetzlichen Krankenversicherung für rund 55 DM versichern. So lange der/die Betreffende nicht über den Rahmen der geringfügigen Beschäftigung hinzuverdient, ergeben sich auch keine Probleme. Handelt es sich aber um einen Selbständigen, der überwiegend sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bezieht, so muß er sich freiwillig oder privat versichern.

1984-3c.jpg (178315 Byte)Kommt die Krankenkasse dahinter, daß die studentische Krankenversicherung nur vorgeschoben ist und ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bezogen wird, so kann sich diese Variante als unangenehm und teuer erweisen.

Die zweite Variante ist die Anstellung des Kollektivmitgliedes. In diesem Fall wird ein Einkommen bezahlt, welches über dem zulässigen Einkommen der geringfügigen Beschäftigung liegt und für welches keine Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen sind, aber maximal 10% der gesetzlichen Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung beträgt, in diesem Jahr folglich 520 DM. Das Kollektivmitglied hat nur die Steuern zu zahlen, der Arbeitgeber, das Kollektiv, trägt die Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 35,1%, also rd. 120 DM. Das hierin liegende Problem ist lediglich, daß von 520 DM abzüglich Steuern keiner leben kann, zwangsläufig noch anderweitig Einkommen bezogen werden muß.

Berufs- und Erwerbsunfähigkeit

Die Tatsache, durch Unfall oder Krankheit berufs- oder erwerbsunfähig zu werden, wird oft weit von sich geschoben. Von daher spielt dieser Bereich der Absicherung in Kollektivbetrieben oft eine untergeordnete Rolle. Hinzu kommt, daß eine vernünftige Absicherung, die einem die Erhaltung des Lebensstandards ermöglicht, nicht wenig Geld kostet, was beim geringen Einkommen der Kollektive ziemlich zu Buche schlägt.

Versicherungspflichtige Beschäftigte in Kollektiven sind über die gesetzliche Rentenversicherung gegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit versichert, sofern sie die Wartezeit und Voraussetzung erfüllen, in den letzten fünf Jahren (60 Kalendermonate) mindestens 36 Pflichtbeiträge geleistet zu haben. Die Voraussetzung ist, schaut man sich die soziale Zusammensetzung der Kollektive an, sehr oft überhaupt nicht gegeben. Viele Kollektivmitglieder haben nie in die Rentenversicherung einbezahlt. Da die Leistungen auch von der Höhe der geleisteten Beiträge abhängen, wird auch der verbleibende Rest kaum mit nennenswerten Leistungen zu rechnen haben. Hier kommen verschiedene Faktoren zusammen:

Versicherungspflichtige Kollektivmitglieder erhalten i.d.R. ein geringes Einkommen, so daß die Beiträge an die BfA/LVA verhältnismäßig niedrig sind, folglich auch die Leistungen.
Die Kollektivbetriebe sind überwiegend noch nicht sehr alt. Selbst wenn in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wurde, dann ist die Zahl der Beitragsjahre noch sehr niedrig, auch wenn Jahre vor dem Einstieg in das Kollektiv mit angerechnet werden.

Die wenigsten Kollektivmitglieder erfüllen erstens die Zahl der Beitragsjahre, die notwendig sind, eine höhere Rente zu bekommen, und zweitens werden nur wenige die im Beispiel angenommene Einkommensgrenze erreichen. Selbst bei den abhängig Beschäftigten lagen am 1.1.1982 89,2% aller gezahlten Berufsunfähigkeitsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung unter 900 DM. Es scheint von daher nicht sinnvoll, daß Kollektive ihre Mitglieder per Arbeitsverhältnis zwangsversichern oder anraten, sich freiwillig zu versichern und hierfür 18,5% ihres Einkommens abzuführen. Es bleibt nichts anderes übrig, als den Weg der privaten Absicherung zu gehen, zumal aufgrund der Änderung der Sozialgesetzgebung zum 1.1.1984 auch alle die Ansprüche auf Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherung verloren gehen, die in den letzten zwei Jahren keine Beiträge mehr abgeführt haben, bzw. die in den letzten 60 Kalendermonaten die notwendigen 36 Pflichtbeiträge nicht aufgebracht haben. Handwerksmeister in Kollektiven können es sich allerdings nicht aussuchen, ob sie sich freiwillig privat versichern oder in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Eine Umgehung ist nur dann möglich, wenn sie die Rechtsform einer GmbH wählen, denn eine juristische Person kann nicht zwangsversichert werden. Die GmbH-Gründung setzt aber wiederum das notwendige Haftungskapital voraus, woran viele Kollektive scheitern.

Eine Alternative zur Umgehung dieser Regelung ist die Anstellung eines Meisters mit einem Einkommen von unter 520 DM (10% der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung).

Die private Absicherung ist individuell regelbar und auch optimaler und zudem preiswerter. Der Vorteil einer Unfallversicherung ist, dass sie bereits bei einem Invaliditätsgrad unter 50 % zahlt. Die Summe muß jedoch so hoch gewählt werden, daß man über die Verzinsung der erhaltenen Kapitalsumme eine Unterhaltsbezuschussung sichert, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Zinserträge versteuert werden müssen. Der Nachteil der Unfallversicherung besteht darin, dass sie nicht bei Berufs oder Erwerbsunfähigkeit durch Krankheit zahlt. Hierzu ist der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung notwendig, die wiederum üblicherweise erst ab 50% Berufsunfähigkeit zahlt.

Die Belastung, die monatlich auf das Kollektivmitglied zukommt, sieht wie folgt aus:

Monatliches Einkommen 2.900 DM, 28 Jahre alt:

a) Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung 536,50 DM

b) Beitrag zur privaten Berufsunfähigkeitsversicherung 45 DM. Leistung ab dem ersten Tag bei Berufsunfähigkeit monatlich 1.200 DM.

Bei erhöhten Risiken, wie z.B. Tischlern, Dachdeckern, etc. kann der Beitrag höher liegen, jedoch zeigt das Preis/Leistungsverhältnis eine absolute Schlechterstellung in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Bei einer zusätzlichen Absicherung durch eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme von 400.000 DM würde die Belastung etwa um 35 bis 40 DM monatlich steigen.

Altersvorsorge

Das Problem wurde bereits in der Einleitung angesprochen. Angestellte und Arbeiter sind pflichtversichert. Angestellte solange, als sie die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 5.200 DM nicht überschreiten. Dies fällt bei Kollektivbetrieben wohl flach. Als Selbständiger kann ich mich freiwillig versichern. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist das Problem Altersvorsorge, sprich Rente, ebenso gelagert, wie das Problem Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente.

Bei den in Kollektiven vorherrschenden Einkommensverhältnissen wird keine akzeptable Rente erworben.

Die Kollektive stehen damit, wie jeder Kleinunternehmer, vor dem Dilemma – sofern sie sich bereits Sorgen um ihre Absicherung im Alter machen – dass sie Vermögen bilden müssen, d.h. entweder durch eine private Rentenversicherung (nicht Lebensversicherung!), Haus- und Grundbesitz oder andere Anlageformen.

Hierfür fehlt aber wiederum das Geld, womit die Frage der Alterssicherung erneut offen bleibt.

 

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Copyright © 1999 CONTRASTE Monatszeitung für Selbstorganisation
Stand: 01. Oktober 2011